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Jeffrey Epstein in US-Haft tot aufgefunden

Der Tod des US-Millionärs bleibt rätselhaft. Dutzende Frauen hatten ihm Missbrauch vorgeworfen

Von Stefan Schaaf

Der Tod des Multimillionärs Jeffrey Epstein in seiner Gefängniszelle in New York bringt die US-Justiz in schwere Erklärungsnot. Der ehemalige Investmentbanker mit Verbindungen in höchste Kreise bis hin zu Präsident Donald Trump wurde einer Vielzahl von Sexualdelikten beschuldigt. Unter anderem soll er mehr als 80 minderjährige Frauen missbraucht oder zum Sex mit Prominenten gezwungen haben.

Epstein war am Samstagmorgen leblos in seiner Zelle in einem Bundesgefängnis in Manhattan gefunden worden. Der 66-Jährige galt als selbstmordgefährdet, auch weil ihm eine Haftstrafe von bis zu 45 Jahren drohte. Ein mutmaßlicher Selbstmordversuch vor zwei Wochen war rechtzeitig vereitelt worden. Doch in der Nacht auf Samstag wurde seine Einzelzelle nicht überwacht – was höchst ungewöhnlich ist für ein Hochsicherheitsgefängnis.

Der zuständige Staatsanwalt Geoff Berman nannte die Nachrichten „verstörend“. Die Ereignisse machten es schwieriger, „dass Epsteins zahlreiche Opfer ihre Sicht vor Gericht darlegen können“. Das Verfahren werde aber fortgesetzt, mit jenen im Visier, die Epstein geholfen hätten. US-Justizminister William Barr erklärte, er sei „abgestoßen“ angesichts der Todesumstände Epsteins.

Die Staatsanwaltschaft warf Epstein vor, mehrere Jahre lang Dutzende junge Frauen missbraucht zu haben. Wegen ähnlicher Straftaten war er 2008 in Florida verurteilt worden. Er gestand damals seine Schuld ein, doch die Strafe fiel milde aus: 13 Monate lang musste er die Nächte in einer Zelle verbringen, tagsüber hatte er Freigang.

Epsteins Leben klingt wie der Plot eines Tom-Wolfe-Romans. Seit den Neunzigern hatte er mit Finanzgeschäften ein Vermögen angehäuft, das heute mehrere Hundert Millionen Dollar umfassen soll. Neben einer Privatinsel sowie einem Anwesen in New York besaß er eine Villa in Palm Beach, in der auch Trump häufig verkehrte, bevor sich die beiden wegen eines Immobilienstreits überwarfen. Ihm gehörte auch eine Boeing 727, genannt „Lolita-Express“, in der er Bill Clinton nach Afrika flog.

Die Vorwürfe, die Epstein im Juli erneut in Untersuchungshaft brachten, waren vor allem dank der Recherchen der Journalistin ­Julie Brown vom Miami Herald laut gewordenen. Sie hatte anderthalb Jahre lang nach den Frauen gesucht, die in Epsteins Fänge geraten waren, und Dutzende gefunden, die schließlich bereit waren, für eine im November 2018 publizierte Artikelserie ihr Wissen über Epstein darzulegen.

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