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Hoffnungsschimmer für gebeutelte Bands

In Barmbek baut die Stadtentwicklungsgesellschaft Steg ein Bandhaus. Entgegen dem allgemeinen Trend entstehen hier neue Proberäume. Und das zu niedrigen Mietpreisen

„Die Verdrängung an den Stadtrand, hohe Mietpreise und sehr schlechte Raumqualität sind an der Tagesordnung“

Andrea Rothaug, Rockcity Hamburg

Von André Zuschlag

Verschimmelt, teuer oder weit draußen: Hamburgs Proberaumsituation für Bands und Musiker*innen ist weit davon entfernt, eine gute Basis für die selbsternannte „Musikstadt Hamburg“zu sein. Erstmals seit langer Zeit entsteht in Barmbek nun ein Haus, in dem es auch Proberäume geben soll – zu einer bezahlbaren Miete.

Um jungen Musiker*innen und Bands bezahlbare Proberäume anbieten zu können, haben die städtische Stadtentwicklungsgesellschaft Steg und das Hamburger Label „Grand Hotel van Cleef“ ein Bandhaus-Konzept entwickelt. Es ist Teil des Gewerbehofs „Built in Barmbek“. An der Marschnerstraße sollen Werkstätten, Mikrobüros und kleine Manufakturen auf rund 5.300 Quadratmetern entstehen. Knapp 15 Millionen Euro steht der Steg für die Umsetzung dieses Projekts, mit dessen Bau im vergangenen Jahr begonnen wurde, zur Verfügung.

Von den 15 Millionen sind rund 1,5 Millionen Euro für das Bandhaus eingeplant, das 500 Quadratmeter Fläche haben soll. Die Regierungsfraktionen von Rot und Grün haben außerdem einen Antrag in die Bürgerschaft eingebracht, in dem sie vorschlagen, 480.000 Euro aus seinem Sanierungsfonds zuzuschießen, um die Miete der Proberäume für die ersten zehn Jahre günstig zu halten. 6,50 Euro soll der Quadratmeter kosten. Im Anschluss sollen nur moderate Mieterhöhungen möglich sein. „Wir freuen uns, dass wir die strukturellen Voraussetzungen jetzt verbessern können“, sagt die kulturpolitische Sprecherin der SPD, Isabella Vértes-Schütter.

Allerdings müssen dem Slogan „Musikstadt Hamburg“ jetzt Taten folgen, findet Rene Gögge, kulturpolitischer Sprecher der Grünen: „Hamburg braucht beste Bedingungen für die Förderung von Band-Nachwuchs, damit wir in der Pop- und Rockszene weiterhin deutschlandweit die Nase vorn haben.“ Dafür sei das zusätzliche Geld aus dem Sanierungsfonds nötig.

Betreiberin des Bandhauses soll das Label „Grand Hotel van Cleef“ werden, das von den Kettcar-Musikern Marcus Wiebusch und Reimer Bustorff sowie dem Sänger Thees Uhlmann im Jahr 2002 gegründet wurde. „Fehlende Proberäume in Hamburg machen uns sowohl als Musiker als auch als Label-Inhaber seit Langem zu schaffen“, erklärt Bustorff. Als Betreiber der Bandhauses soll das Label den Musiker*innen auch beratend zur Seite stehen und bei den Dingen weiterhelfen, von denen Bands meist wenig Ahnung haben, etwa bei Rechts- und Steuerfragen, Produktionstechniken oder Vermarktung und Tourplanung.

Tatsächlich sind die Bedingungen für Musiker*innen in Hamburg schwierig: „Die Verdrängung der Musizierenden an den Stadtrand, aber auch hohe Mietpreise und sehr schlechte Raumqualität sind an der Tagesordnung“, sagt Andrea Rothaug von Rockcity Hamburg, einem Verein, der sich für die Belange der Künstler*innen einsetzt.

Tiefpunkt der Entwicklung war das vorläufige Aus des Otzenbunkers auf St. Pauli. Ende vergangenen Jahres verloren 120 Bands ihre Probemöglichkeiten, nachdem das Verwaltungsgericht auf Beschwerden von Anwohner*innen hin die Nutzung untersagt hatte, solange nicht in Schallschutzmaßnahmen investiert würde. Aber der neue Besitzer wollte oder konnte die Sanierungskosten nicht tragen.

Nachdem der Senat vor einem Monat, ebenfalls aus dem Sanierungsfonds, 200.000 Euro locker machte, ist der Bunker aber gerettet – im kommenden Jahr sollen die Bands wieder in den sanierten Bunker einziehen. Dort liegt die Miete bei mehr als zwölf Euro.

Wer Platz in den acht begehrten Räumen des Bandhauses bekommt, die im kommenden Jahr fertig sein sollen, wird dann eine unabhängige Jury entscheiden. Durch Mehrfachbelegung könnten rund 20 Bands dort proben. Und dennoch: „Das Bandhaus ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein“, sagt Bustorff angesichts der immer noch großen Raumknappheit.

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