das portrait: Steven Baack ist Teil des Lehrplans
Vieles an Aufstieg und Fall des früheren Chefs der Hamburger Soko „Cold Cases“, Steven Baack, wirkt wie eine Tatort-Vorlage. Und bislang weiß die Zuschauerschaft nicht recht, welcher Art gefallenem Helden sie da zusieht. 2016 hatte die Soko, die ungelöste Mordfälle neu aufrollt, unter großem Medienecho ihre Arbeit aufgenommen. Ihr Leiter Baack, damals 36 Jahre alt und früherer Mitarbeiter des Mobilen Einsatzkommandos, pinnte mit gegeltem Haar und in schwarzer Lederjacke für die Fotografen Fahndungsfotos an die Mauer.
Auch nach innen inszenierte er seine Arbeit: Die Zeitungen schrieben, er hänge Fotos der Opfer aus den ungelösten Fällen hinter seinen Schreibtisch auf, sie sähen ihm bei der Arbeit über die Schulter und er läutete eine Glocke, wenn ein Fall gelöst wurde. Und hier begann wohl das Problem: über 1.000 Fälle waren es laut Hamburger Abendblatt, ein Team von gerade mal vier Leuten sollte sie lösen, keiner davon hatte Erfahrung mit Mordfällen.
Im Oktober 2018 wird ein Angeklagter, den die Soko als Verdächtigen präsentiert hatte, freigesprochen – wobei die Richterin die Ermittlungsmethoden von Baack scharf kritisiert, etwa suggestive Befragungen von Zeugen und Opfern. Es folgt ein Ermittlungsverfahren, das die Staatsanwaltschaft einstellt – Baack habe aus Überlastung die schweren handwerklichen Fehler begangen. Derzeit läuft ein Disziplinarverfahren gegen ihn, das möglicherweise neues Futter bekommt durch einen Zwischenfall in der Akademie der Polizei: Dort hat Baack laut Medienberichten eine Unterrichtsstunde, in der es um seinen Fall ging, gekapert und seine Sicht der Dinge dargestellt.
Die Polizei will das nicht bestätigen. Für sie ist die Causa Baack unangenehm. Denn der erhebt schwere Vorwürfe: Seine frühen Warnrufe, die Soko sei überlastet, habe niemand hören wollen. Sein Anwalt Gerhard Strate sagt, Baack werde „zum Sündenbock“ für Versäumnisse der Führung gemacht. Das richtet sich unter anderem gegen LKA-Chef Frank-Martin Heise, der Baack lange protegierte. Inzwischen hat Heise eine Arbeitsgruppe mit dem Titel „Führung und Fürsorge“ eingesetzt – die Ergebnisse stehen noch aus. Friederike Gräff
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