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aufregerDreijährige bei Razzia in den Philippinen erschossen. Senator: „Shit happens“

In einer philippinischen Kleinstadt sind 20 Polizisten einschließlich des lokalen Polizeichefs vom Dienst suspendiert worden, nachdem bei einer Drogenrazzia ein dreijähriges Mädchen getötet wurde. Bei dem Einsatz im Rahmen des „Antidrogenkrieges“ von Präsident Rodrigo Duterte in der Stadt Rodriguez nahe der Hauptstadt Manila starben am Sonntag auch zwei mutmaßliche Drogendealer und ein Zivilpolizist, der als Lockvogel agiert hatte. Eine Kugel traf die dreijährige Myka Ulpina in den Kopf.Laut Polizei hatte einer der mutmaßlichen Dealer, der Vater des Mädchens, die Dreijährige als „lebendiges Schutzschild“ missbraucht, als er auf die Beamten schoss, die ihn festnehmen wollten. Die Mutter widerspricht den Angaben der Polizei.

Die philippinische Menschenrechtskommission CHR, der Duterte drastisch die Mittel gekürzt hat, untersucht jetzt den Fall. Der Senator und Ex-Polizeichef Ronald dela Rosa, der als Dutertes Architekt und Vollstrecker des Antidrogenkriegs gilt, tat den Tod des Mädchens als „Kollateralschaden“ ab. „Shit happens“, „dumm gelaufen“, sagte er. CHR-Sprecherin Jacqueline de Guia reagierte empört: „Minderjährige, die bei der Drogenbekämpfung der Regierung ins Kreuzfeuer geraten, sind keine Kollateralschäden. Sie sind Opfer.“

Carlos Conde von Human Rights Watch erklärte: „Polizeiberichte von Drogenrazzien sind nicht glaubwürdig, weil Beamten im ‚Drogenkrieg‘ schon mehrfach nachgewiesen wurde, dass sie Beweise fabrizieren.“ So seien Verdächtigen Waffen und Drogen untergeschoben worden. Betrug sei ein Kennzeichen dieser brutalen Kampagne.

Seit Dutertes Amtsantritt vor drei Jahren sind nach offiziellen Angaben mindestens 6.600 Menschen getötet worden. Menschenrechtler sprechen von bis zu 27.000 Todesopfern, weil sie auch diejenigen zählen, die nicht von Uniformierten, sondern von Todesschwadronen getötet werden. Diese agieren völlig unbehelligt. Die meisten Opfer sind Slumbewohner.

Laut Menschenrechtlern sind auch mindestens 100 Kinder getötet worden. Conde verweist darauf, dass Minderjährige besonders leiden, wenn etwa ihre Väter erschossen werden. Bisher wurden erst drei Polizisten für den Mord an einem Minderjährigen bestraft. Sie waren von einer Überwachungskamera gefilmt worden, als sie den um sein Leben flehenden Kian delos Santos (17) abführten und danach mit drei Schüssen in den Hinterkopf töteten. Sven Hansen

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