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Israels Wahlen werden spannender

Ex-Ministerpräsident Ehud Barak will nach Jahren politischer Pause gegen Benjamin Netanjahu antreten

Von Susanne Knaul

Ein wenig grauer und mit Vollbart, aber sonst ist er ganz der Alte: Israels Ex-Ministerpräsident Ehud Barak kündigte am Mittwochabend seine Kandidatur für die Parlamentswahlen am 17. September an. „Dies ist nicht die Zeit, um die Hände in den Schoß zu legen“, erklärte der 77-Jährige, der den Kampf aufnehmen will gegen „die korrupte Regierung“ von Benjamin Netanjahu und seinen Partnern, „extremistischen Rassisten“. Der Staat Israel befinde sich auf einem „zerstörerischen Pfad, der in den Abgrund führt“. Um Rechtsstaat und Gleichberechtigung zu retten, gelte es jetzt, die Kräfte zu vereinen, „um für den Sieg zu kämpfen“. Nicht die Größe der Partei sei entscheidend, sondern die Größe des Blocks, meinte Barak in Anspielung an Benny Gantz, den Chef von Blau-Weiß, der zwar stimmgleich mit dem Likud aus den letzten Wahlen ging, dann aber keine reellen Koalitionsmöglichkeiten hatte.

Barak ist der einzige Politiker, der es jemals mit Netanjahu aufnehmen konnte. 1999 entschied der Sozialdemokrat, der als Geschäftsmann ein Millionenkapital erwirtschaftete, die Wahl für sich und trieb ein Jahr später den Abzug Israels aus dem Südlibanon voran. Die von ihm geführten Friedensverhandlungen mit dem damaligen Chef der PLO-Chef Jassir Arafat scheiterten hingegen.

Baraks politisches Comeback nach sechsjähriger Pause kommt zu einer Zeit, in der der Likud versucht, die Wahlen zu verhindern. Parlamentspräsident Juli Edelstein brachte die Idee auf, eine große Koalition von Likud und Blau-Weiß ins Auge zu fassen. Im Gespräch war eine Rotation, die Gantz offenbar aus Misstrauen gegenüber Netanjahu ablehnte. Im Umfeld Netanjahus prüft man derzeit, ob die Entscheidung der Abgeordneten für die Auflösung der Knesset annulliert werden könnte, was Rechtsexperten bezweifeln. Der Likud nennt die hohen Kosten als Argument gegen die Wahlen, die im übrigen ohnehin auf dieselben Ergebnisse hinausliefen. „Netanjahu hat den Schalter für Neuwahlen betätigt“, konterte Gantz. „Von hier aus gibt es kein Zurück.“

Bei der Arbeitspartei, die bei den Wahlen im April auf ein historisches Tief von nur noch sechs Mandaten gefallen war, stieß Baraks Ankündigung auf offene Ohren. „Mein erster Anruf als neuer Parteivorsitzender gilt Barak“, sagt Itzik Schmuli, der sich für die parteiinternen Wahlen kommende Woche gute Chancen ausrechnet. Dass Barak die Arbeitspartei spaltete, als er 2011 einen Alleingang mit seiner Ha Atzma’ut (Die Unabängigkeit) unternahm, scheint man ihm längst verziehen zu haben.

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