61 Millionen Euro für ein Jahr Einheits-Party

Von Anja Maier

Noch ist nichts fest geplant. Aber dass groß gefeiert werden muss, steht schon fest. Die Bundesregierung hat anlässlich des 30. Jahrestags von Mauerfall und Wiedervereinigung ein Festjahr anberaumt und dafür die Kommission „30 Jahre friedliche Revolution und deutsche Einheit“ eingesetzt. Vorsitzender ist Matthias Platzeck.

Dem Gremium gehören 22 Personen aus Politik, Kultur und Wissenschaft an, die inhaltlich die exakt ein Jahr andauernden Feierlichkeiten zwischen dem 3. Oktober 2019 und dem 3. Oktober 2020 begleiten werden. Unter ihnen sind SchauspielerInnen wie Jan Josef Liefers und Anna Maria Mühe, aber auch die ehemalige Thüringer CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht oder der Sozialwissenschaftler Raj Kollmorgen. Die Ostlerquote beträgt 80 Prozent.

61 Millionen Euro hat das Innenministerium für das Festjahr von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) zugesagt bekommen. Was damit auf die Beine gestellt wird, hängt von der Kommission ab. Bis Mitte August 2019 sollen ihre Mitglieder Handlungsempfehlungen zur Ausgestaltung des Jubiläumskonzepts unterbreiten. Geplant ist zudem, dass die Kommission nach dem Ende der Party für die Bundesregierung Handlungsempfehlungen erarbeitet.

Gefördert werden solle mit dem Festjahr, sagt Markus Kerber, der Heimat-Staatssekretär von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), „das gemeinsame und gegenseitige Verständnis für die Leistungen, die zur Wiedervereinigung geführt haben und für das Zusammenwachsen von Ost und West erbracht wurden“.

Gerade beim „gegenseitigen Verständnis“ zwischen Ost- und Westdeutschland hakt es aktuell gewaltig. Viele Westdeutsche finden, die Ostdeutschen sollten gefälligst mal ankommen in diesem Land und ihre Chance in der sozialen Marktwirtschaft ergreifen. Und viele Ostdeutsche würde sie ja gern ergreifen, die Chance, sie müssten dafür allerdings ihre Heimat verlassen. Nach wie vor liegt der Osten Deutschlands bei vielen Kennziffern zurück. Das fängt bei den immer noch niedrigeren Tariflöhnen an, setzt sich fort bei fehlenden Spareinlagen, Erbschaften und nicht vorhandenem Immobilienbesitz und ist bei der fehlenden Repräsentanz in Politik, Justiz oder Kultur noch nicht zu Ende. 30 Jahre nach dem Fall der Mauer fühlen sich vor allem Ältere als Deutsche zweiter Klasse. Immer mehr von ihnen sehnen sich nach der Unfreiheit in sozialer Sicherheit zurück.

Bei einer Bundestagsdebatte Anfang Juni hat die Koalition aus CDU/CSU und SPD die Regierung aufgefordert, „bis zum Ende des Jahres 2019 dem Deutschen Bundestag ein Konzept für ein Denkmal zur Erinnerung und Mahnung an die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft in Deutschland vorzulegen“. Den Ostdeutschen wäre mit der Zusicherung auf gleiche Löhne, gleiche Renten und der Aussicht, etwa Bundesbehörden, Hoch- und Fachschulen in Ostdeutschland anzusiedeln, mehr geholfen. Stattdessen wünscht man sich ein weiteres Mahnmal. Der Linke-Abgeordnete Matthias Höhn sagte in der Debatte, die DDR-Gesellschaft werde im Antrag der Koalition und auch der FDP auf Diktatur, Widerstand und Zwang reduziert. „Alles andere aus der DDR bleibt für Sie ein Niemandsort.“