Zuspitzung im Sudan: Proteste gewaltsam aufgelöst

Nach zwei Monaten Dauerprotest in Khartum machen die Militärmachthaber jetzt damit offenbar Schluss. Massive Gewalt fordert Tote und Verletzte.

Brennende Straßensperren

Straßensperren in Khartum am 3. Juni 2019 Foto: reuters

BERLIN taz | Im Sudan haben Sicherheitskräfte am Montag im Morgengrauen begonnen, die Dauerproteste gegen die Militärherrschaft gewaltsam aufzulösen. Uniformierte Bewaffnete griffen gegen 5 Uhr morgens im Zentrum der Hauptstadt Khartum die Sitzblockade an, die seit über zwei Monaten vor dem Militärhauptquartier ausharrt, um einen Übergang zu einer zivilen Regierung und eine Demokratisierung des Landes zu erreichen.

Die Miliz „Rapid Support Forces“ (RSF), die aus den für zahlreiche Massaker in Darfur verantwortlichen Janjaweed-Reitermilizen hervorgegangen sind, schossen scharf auf Demonstranten, berichteten Augenzeugen. Sie seien massiv in Khartum präsent. Unterschiedliche Quellen machten sowohl die RSF-Milizen, die Polizei als auch die Armee für den Gewalteinsatz verantwortlich.

Im Internet zirkulierten Videos von blutüberströmten Demonstranten und Milizenaufmärschen auf der Straße. Es ist zu sehen, wie Scharfschützen Zivilisten treffen, wie RSF-Milizionäre unbewaffnete Menschen angreifen und versuchen, in ein Krankenhausgelände einzudringen. Demonstranten errichteten in Reaktion Straßensperren aus brennenden Reifen im vergeblichen Versuch, die Sicherheitskräfte aufzuhalten.

Der Gewalteinsatz erfolgte pünktlich zum Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan. Das Gewerkschaftsbündnis SPA (Sudanese Professionals Association), das die anhaltenden Massenproteste der vergangenen Monate mit organisiert hat, hatte davor gewarnt und am Sonntagabend die sudanesische Jugend aufgerufen, sich massiv am Protestplatz vor dem Militärhauptquartier einzufinden.

Im Sudan herrscht seit dem Sturz des Langzeitdiktators Omar Hassan al-Bashir am 11. April ein Militärrat. Die Armee hatte sich auf Seiten der Massenproteste gegen Bashir gestellt, die am 6. April vor das Militärhauptquartier gezogen waren. Verhandlungen über die Bildung einer Übergangsregierung aus Militärs und Zivilisten waren allerdings vor wenigen Wochen gescheitert.

Die Rede ist von fünf bis zehn Toten

Die Protestbewegung richtet sich seitdem auch gegen den Militärrat. Am 28. und 29. Mai organisierte sie einen Generalstreik. Daraufhin hatte der Militärrat die Dauerproteste zu einer Bedrohung für die öffentliche Ordnung erklärt.

Der Gewalteinsatz in Khartum hat bis zum späten Montagvormittag nach unterschiedlichen Quellen fünf bis zehn Tote sowie zahlreiche Verletzte durch Schusswunden gefordert.

Die Protestbewegung, die sich um die SPA in einem Bündnis „Kräfte für Freiheit und Wandel“ zusammengeschlossen hat, sprach von einem „Massaker“ und rief zu landesweitem zivilen Ungehorsam auf. Mit friedlichen Märschen in allen Städten und Dörfern Sudans solle der Rücktritt des Militärrats erzwungen werden. (mit afp)

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