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Grüne bei der EuropwahlVoll im Trend

Die Grünen liegen Hochrechnungen zufolge bei über 20 Prozent der WählerInnenstimmen. Ein Grund: Klimaschutz ist ein Top-Thema.

Die Grünen haben laut Hochrechnungen des ZDF fast doppelt so viele Stimmen wie 2014 geholt Foto: dpa

Luftsprünge und strahlende Gesichter: Die Grünen haben laut Hochrechnungen des ZDF fast 21 Prozent der Stimmen geholt – etwa doppelt so viel wie bei der vergangenen Europawahl (10,7 Prozent). Michael Kellner, Wahlkampfleiter und Bundesgeschäftsführer, spricht vor Unterstützern von einem „Sunday for Future“. Immer wieder fällt der Slogan an diesem Abend bei den Grünen, die ihre Erfolgswelle offenbar auch der Fridays-for-Future-Bewegung zuschreiben.

Oder war es der Rezo-Effekt? Immerhin haben über 11 Millionen Menschen das Video des YouTubers angesehen, in dem er zwar nicht explizit zur Wahl der Grünen aufgerufen hat, aber sowohl der Groko als auch der AfD eine Abreibung verpasst und den Klimaschutz zum alles bestimmenden Zukunftsthema erklärt hat. Kurz: Wer ohne Wahlpräferenz Rezos Video schaute, konnte quasi nur zu einem Schluss kommen: Grüne wählen.

Von der Union noch immer als Verbotspartei geschmäht, haben die Grünen es geschafft, als optimistisch und zukunftsgerichtet wahrgenommen zu werden – und als natürliche Verbündete der Jugend im Land. Von den unter 30-Jährigen gab jede dritte Wähler*in den Grünen ihre Stimme, die damit bei den jungen Leuten die mit Abstand populärste Partei sind.

Kein Wunder, dass sich Spitzengrüne sogar für eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre ausgesprochen haben.

Ganz oben auf der Agenda: Klimaschutz

Die europäischen Spitzenkan­didat*innen Ska Keller und Sven Giegold sind zwar nicht so bekannt wie die Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck. Doch den Slogan „Kommt, wir bauen das neue Europa“, mit dem sie in den Wahlkampf gegangen sind, haben ihnen dennoch viele abgenommen. „Das war eine Richtungswahl“, jubelte Giegold auf Twitter.

Ganz oben auf der europapolitischen Agenda steht der Klimaschutz. Unter anderem wollen Keller und Giegold für eine europaweite CO2-Steuer kämpfen. Bis 2050 soll der gesamte Strom in Europa aus erneu­erbaren Energien kommen.

Voraussichtlich werden deutsche Grünen-Abgeordnete künftig 21 Sitze im Europaparlament besetzen. Doch wie viel Einfluss die Grüne Fraktion EFA tatsächlich nehmen kann, hängt auch von den Ergebnissen aus den anderen Mitgliedstaaten ab. Diese lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor.

Spannend wird, welche Kandidat*in für das Amt der Kommissionspräsident*in die Grünen stützen werden. Keller und Giegold haben zuletzt selbstbewusst verkündet, ihre Stimmen nur eine*r Politiker*in zu geben, die sich für mehr Klimaschutz einsetzt. Der deutsche EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber hat sich gegen eine CO2-Steuer ausgesprochen. Ausgeschlossen haben die Grünen seine Wahl dennoch nicht.

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14 Kommentare

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  • eine*r Politiker*in

    Wir kennen in unserem System des elektro-papierenen Wiedergebens von Sprache eine ganze Reihe vielbenutzter Symbole, die - schon lange vor den emojies - eingeführt wurden, um ganze Wörter (also sowohl die Bedeutung als auch den Verweis darauf durch eine dafür reservierte Folge von Sprachlauten) durch ein einzelnes Symbol darzustellen. 1,2,3 sind Beispiele.



    "eine*r Politiker*in" lässt sich dagegen garnicht mehr in Lautung übersetzen, muss beim Sprechen völlig neu ge-textet werden: einer Politikerin beziehungsweise einem Politiker. Das is für Schreiber/innen zwar praktisch: für Schreiber [PAUSE, KNACKLAUT]innen haben wir ein paar Jahre nach Erfindung aber eine Aussprech-Möglichkeit gefunden; das un-aussprechliche "eine*r Politiker*in" sollten wir dagegen lieber bleibenlassen - unsere Schriftlichkeit kennt nu mal keine Symbolschrift a la mode de Chinesisch.

  • Auch wenn ich es besser finde, daß die Grünen große Zuwächse bekommen haben und nicht so sehr die Parteien rechts von ihr, bin ich dennoch enttäuscht über den Riesenabstand zwischen Grünen und der Linken. Die Linke hat konsequentere Positionen zum Klimaschutz als die Grünen. Der Vorteil der Grünen besteht darin, daß sie den Rückhalt der Bevölkerung haben. Das muss aber auch dazu führen, daß sich etwas ändert.

    • @shashikant:

      Und der Vorteil besteht schlicht und einfach darin, dass sie "Die Grünen" heißen und nun einmal als die "Ökopartei" gelten. Ich schätze mal 70% der Bevölkerung wird alleine deshalb automatisch davon ausgehen, dass sie die konseuenteste/stärkste Klimapolitik fahren.

      • @Snip Snap:

        Da stimme ich Ihnen zu. Die Linke hat vielleicht auch zu wenig Klimaengagement plakatiert...

    • @shashikant:

      Der "Bevölkerung"? Der urbanen, akademischen Schicht gutverdienender Angestellter wohl eher. Von denen dann aber nahezu komplett, was in seiner deutschen Uniformität schon auch ein bisserl gruselig ist. Die Spaltung in Stadt und Land wird noch zunehmen. Was auch bedeutet: Wir DörflerInnen müssen unseren Arsch hoch bekommen und unsere Stimme lauter zu Gehör bringen, anstatt einfach nur nicht mehr wählen zu gehen. Sonst gibt's zwar prima CO2-Steuer, nur dass es einer Welle von Zwangsversteigerungen im ländlichen Raum gleichkommen wird. Weil die grün wählenden City-Freunde bei "Hausbesitzer" an Deutsche Wohnen denken; und nicht an die Maurerfamilie, die in einem kleinen Haus aus dem Jahre 1923 wohnt, und für die eine Zwangsssnierung gleichbedeutend ist mit der Privatinsolvenz. So fing es mit den Gelbwesten in Frankreich auch an.



      Drum müssen die Menschen vom Land schauen, dass sie und ihre Lebenswirklichkeit nicht übersehen werden.

  • Glückwunsch. Aber Volkspartei sind die Grünen jetzt noch weniger als vorher. Denn ihre Wählerschaft ist für eine Volkspartei viel zu homogen: angestellte AkademikerInnen unter 60 Jahren in Großstädten, von denen aber nahezu alle, das sind dann schon mal 30%. Es gibt aber noch ein Leben ausserhalb von Berlin und Hamburg. Die Hälfte der Bevölkerung lebt auf dem Land, und die erreicht die Sprache der Grünen gar nicht.

  • Livebilder der Wahlparty der Grünen in Bremen. Da wird der Grill mit Kohle befeuert....

    Klimabilanz der Holzkohle ist eine Katastrophe. Wer bewusst grillen will, nutzt Strom. Aber egal.... Auch bei den Grünen ist die Komfortzone die Grenze, wo die Rettung des Klimas erstmal unwichtig ist.....

  • Grüne voll im Trend.

    Genauso ist es. Ein Trend. Noch nichts Substanzielles. Lediglich eine Stimmung.

  • Heute darf man jubeln - Ab morgen schon werden die Grünen daran gemessen, wie sie die Botschaft von FFF umsetzt!

    • @amigo:

      Später werden sie dann daran gemessen, was man sich alles nicht mehr leisten kann, obwohl sich das Klima dann doch ändert...

  • Erweitern wir das ganze jetzt noch von "Top-Thema" zu "DIE existenzielle Bedrohng unserer Zeit" und dann bekommt das Thema so langsam den Stellenwert, den es auch verdient.

    • 9G
      90118 (Profil gelöscht)
      @Snip Snap:

      und danach noch jörg meuthen und seinesgleichen zum ernsthaften nachdenken bringen wäre prima.

    • @Snip Snap:

      Ähmmm, welche denn bitte? Ich bin der



      Meinung, die Menschen sollten endlich



      Farbe bekennen. Solche Rätsel helfen nicht weiter.

      • @Adriana Zessin:

        Ergibt sich aus dem Text.