: Im Auftrag gegen Judenhass
Kieler Landtag diskutiert über die Rolle der Beauftragten. Die Grünen fordern eine weitere Stelle – gegen Antisemitismus
Von Esther Geißlinger
Hass-Kommentare im Netz, Beschimpfungen auf der Straße, beleidigende Schmierereien, Anfeindungen – die Melde- und Beratungsstelle für Betroffene rechter Gewalt in Kiel (Zebra) erfasst im Schnitt einmal wöchentlich einen Vorfall mit antisemitischem Hintergrund. Zebra-Leiter Joshua Vogel warnte zudem gegenüber der dpa vor einer großen Dunkelziffer.
Braucht Schleswig-Holstein also eineN AntisemitismusbeauftragteN? Ja, findet die Grüne Eka von Kalben: „Der Kampf gegen Antisemitismus ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“ Der Vorstoß kommt allerdings zu einem Zeitpunkt, zu dem Landtagspräsident Klaus Schlie (CDU) das Beauftragten-System insgesamt infrage stellte.
Aktuell zehn Beauftragte kümmern sich im Auftrag des Kieler Landtages um Themen wie Antikorruption, Leben mit Behinderung, Geflüchtete, soziale Fragen oder Minderheitenrechte. Die Beauftragten werden vom Landtag gewählt, sind aber in ihrer Arbeit frei.
Zu frei oder nicht frei genug? Zwischen Landtagspräsident Schlie und der Bürger- und Polizeibeauftragten Samiah El Samadoni (SPD) war ein Streit über die Auslegung der Rolle entbrannt. Schlie hatte daraufhin vorgeschlagen, die „vollständige Unabhängigkeit herzustellen“, sprich die Beauftragten vom Landtag abzukoppeln.
Die Idee stieß allerdings auf keine Gegenliebe: Sogar Schlies Parteifreund, CDU-Fraktionschef Tobias Koch, sah keinen Bedarf für eine Änderung. Wolfgang Kubicki (FDP) meldete sich aus Berlin zum Streit im Kieler Landeshaus und sprach sich gegen neue „Mini-Behörden“ aus. Ein klares Nein kam auch von Oppositionsführer Ralf Stegner (SPD). Einzig die Grünen hatten „noch offene Fragen“, lehnten also den Schlie-Vorschlag nicht rundheraus ab.
Doch die aktuelle Forderung nach einer neuen Beauftragtenstelle für den Bereich Antisemitismus ist kein nachgeschobener Kommentar zum Streit, betonte der Grünen-Abgeordnete Lasse Petersdotter auf taz-Anfrage.
Petersdotter hatte beim jüngsten Parteitag den Antrag gestellt, jüdische Gemeinden und Einrichtungen in Schleswig-Holstein weiter zu fördern, der oder die Beauftragte könnte Teil eines solchen Programms sein. „Wichtig ist, die Idee gemeinsam mit den jüdischen Gemeinden zu entwickeln“, sagt Petersdotter. Aufgabenbereich könnte nicht nur eine Anlaufstelle für Opfer antisemitischer Gewalt sein, sondern auch die Förderung jüdischen Lebens. „Die Zeit ist reif für so ein Projekt.“
Antisemitismusbeauftragte gibt es auf Bundesebene sowie in bisher acht Bundesländern. Sie beraten Betroffene, machen auf die Problematik aufmerksam und können politische Akzente setzen.
Im Februar hatte Felix Klein, der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, dazu aufgefordert, dass alle Länder ein entsprechendes Amt einrichten.
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