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Trauermarsch für Tonou-Mbobda

Eine Mahnwache vor dem Universitätsklinikum gedenkt des vor kurzem verstorbenen Psychiatriepatienten

Von Philipp Effenberger

„We shall overcome“, sangen die RednerInnen der Gruppe Black Community Hamburg am Sonntagvormittag und streckten dabei die Fäuste in die Höhe. Viele der rund 300 TeilnehmerInnen, die an der Gedenk- und Mahnwache vor dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) teilnahmen, stimmten mit ein.

Die Mahnwache wurde für den kürzlich verstorbenen kamerunischen Psychiatriepatienten Wiliam Tonou-Mbobda abgehalten. Er verstarb vorletzte Woche, fünf Tage nachdem drei Mitarbeiter des UKE-Sicherheitsdienstes Zwangsmaßnahmen gegen ihn angewendet hatten.

Laut AugenzeugInnen, die den Vorfall beobachtet haben wollen, gingen Sicherheitsmänner brutal und unverhältnismäßig gegen Tonou-Mbobda vor. Die AktivistInnengruppe Black Community Hamburg verbreitete die Berichte von ZeugInnen über Facebook und Whatsapp.

Am vergangenen Freitag antwortete der Hamburger Senat auf eine kleine Anfrage der Linken, die die Aufklärung über die Hintergründe des tödlichen Vorfalls fordert. Dabei kam heraus, dass der UKE-Sicherheitsdienst schon in den vergangenen vier Jahren dreimal wegen Körperverletzung angezeigt wurde.

Zwei der Verfahren sind eingestellt worden, eines noch nicht abgeschlossen. Weiterhin weist das UKE den Vorwurf zurück, dass Krankenhauspersonal habe ZeugInnen angewiesen, „Stillschweigen zu bewahren“. Das Klinikpersonal sei nicht befugt, solch eine Anweisung auszusprechen, heißt es in der Antwort.

Ob zum Zeitpunkt der Zwangsmaßnahmen bereits ein notwendiger Unterbringungsbeschluss vorlag und welche Anweisung das medizinische Personal dem Sicherheitsdienst gab, bleibt weiterhin offen.

Der Senat verwies in vielen Fragen auf die laufenden Ermittlungen. Bereits am Donnerstag stellte die FDP eine schriftliche Anfrage zum Vorfall. Auch die Linke reicht voraussichtlich heute neue Fragen ein.

Nach Aussagen des Cousins, der auf der Mahnwache sprach, wird Tonou-Mbobda in Kamerun bestattet. Noch befindet sich die Leiche jedoch in der Rechtsmedizin des UKE, wo der Trauermarsch später eine Schweigeminute abhielt – wieder mit in die Höhe gestreckten Fäusten.

Für den 25. Mai wurde eine Demo angekündigt, die am UKE starten und am Rathausmarkt enden soll.

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