Arte-Serie über Migration: Schablonen mit Geklimper

Die deutsch-französische Serie „Eden“ erzählt von Europas Flüchtlingspolitik: Big Business auf der einen, Verzweiflung auf der anderen Seite.

Ein Junge läuft durch ein Flüchtlingscamp

Die Dramaserie „Eden“ spielt zum Teil in einem Flüchtlingscamp in Griechenland Foto: Pierre Meursaut/ARTE France/SWR/dpa

Herrlich ist das Flüchtlingscamp-Betreiber-Business, jedenfalls für den Schweizer Anwalt Marc Walser. In einer Szene der deutsch-französischen Serie „Eden“, in der Walser (Trystan Pütter) einen Player in diesem Geschäft vertritt, sehen wir ihn, bekleidet bloß mit einem Bademantel, in einem Hotelzimmer. Von postkoitaler Hochstimmung beflügelt, greift er zum Telefon, um ein Verhandlungsgespräch zu führen – während im Hintergrund eine Frau duscht.

Walser telefoniert mit Hélène Durand (Sylvie Testud), die bei Athen ein Flüchtlingscamp betreibt, und mit der er im Auftrag seines Klienten ins Geschäft zu kommen versucht. Durand ist eine der Hauptfiguren von „Eden“, aus deren Perspektive die sechsteilige Serie erzählt wird, die am Donnerstag, 2. Mai, bei Arte startet und später im Ersten läuft. Die Handlungsstränge greifen verschiedene Aspekte der Flüchtlingspolitik auf. Im Zentrum stehen unter anderem zwei Wachleute aus Durands Camp und eine nach Paris geflohene syrische Kleinfamilie.

An schablonenhaften Szenen wie der aus dem Hotelzimmer des Anwalts fehlt es in „Eden“ nicht. Das gilt vor allem für den deutschen Teil der Geschichte, angesiedelt in Mannheim, wo ein Lehrerehepaar, deren Beziehung schon bessere Zeiten gesehen hat, einen Geflüchteten aus Syrien aufnimmt – zum Unwillen des renitenten Teenagersohns, der einem Drehbuch-Baukasten entsprungen zu sein scheint. Die pittoresken Bilder bürgerlicher Tristesse, die ständigen Familienlagebesprechungen am Küchentisch – wie oft hat man das schon erdulden müssen bei Fiction made in Germany?

Störend an der von Dominik Moll inszenierten Serie ist auch, dass an sehr unpassenden Stellen getragene Klimpermusik zum Einsatz kommt – beim Abtransport eines ausgebrannten Containers aus Hélène Durands Camp etwa oder in einer Szene, in der im Innern eines Flüchtlingstransporters Atemnot ausbricht. Positiv hingegen ist, wie Teile der Einzelgeschichten im Laufe der Zeit miteinander verwoben werden. Und die im Plot verarbeiteten Themen sind gut gewählt – etwa die Existenzängste der Menschen in Griechenland und das Leben von Exilsyrern in Paris.

„Eden“ lässt zu wünschen übrig

Als die Arbeiten für „Eden“ begannen, galt die Serie als Projekt des Regisseurs Edward Berger, der 2016 für „Deutschland 83“ (RTL) den Grimme-Preis bekam. Er stieg aber im Sommer 2017 aus, weil er die Möglichkeit hatte, Edward St Aubyns Romanzyklus „Melrose“ mit Benedict Cumberbatch in der Hauptrolle als Serie zu verfilmen. „Ein Lebensprojekt, das ich machen musste“, sagt Berger.

Im Stab von „Eden“ war auch sonst viel Bewegung. Zwei Kreative werden in den Credits unter „nach einer Idee von“ gewürdigt, drei weitere Kolleg*innen haben die Geschichte und die Charaktere entwickelt, zwei von ihnen (darunter Berger) sowie fünf weitere Personen schrieben mit an den Drehbüchern. Das Team sei „organisch gewachsen“, sagt der ARD-seitig für die Serie zuständige SWR-Redakteur Manfred Hattendorf, der die „intensive Recherchearbeit“ der Autoren hervorhebt.

Wie Berger ist auch Dominik Moll ein preisgekrönter Regisseur. „Ich finde es sehr gut, wie er es gemacht hat. Ich hätte es anders gemacht, aber das ist normal“, sagt Berger. „Schade“ findet er allerdings, dass Arte und die ARD in ihren linearen Programmen eine synchronisierte Fassung der Serie zeigen. In den Mediatheken hat man dagegen die Wahl: Hier gibt es neben der synchronisierten Version auch die originalsprachliche zu sehen, in der also die Griechen Griechisch und die Syrer Arabisch sprechen.

Acht Folgen, ab 2. Mai um 20.15 Uhr bei Arte, ab 8. Mai in der ARD jeweils ab 20.15 Uhr drei Folgen am Stück

Die Entscheidung, in den linear ausgestrahlten Fassungen auf Synchronisation zu setzen, hat hin und wieder kuriose Folgen – etwa wenn das Drehbuch vorsieht, dass Sprachbarrieren die Kommunikation erschweren, davon aber nichts zu hören ist, weil jede Person makellos Deutsch spricht.

Trotz mancher Pluspunkte: Vergleicht man den intellektuellen Nährwert von „Eden“ mit dem aktueller Politserien aus dem Hause BBC, etwa „Black Earth Rising“, wo die Folgen des Genozids in Ruanda und der Neokolonialismus Thema sind, oder in „McMafia“, wo es um das globale organisierte Verbrechen und dessen Verbindungen in die hohe Politik geht – dann lässt diese deutsch-französische Serie zu wünschen übrig.

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