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Die Zeichen stehen auf Konfrontation

Ukrainisches Parlament stimmt für ein Gesetz, das den Gebrauch des Russischen einschränkt. Moskau stellt Bewohnern des Donbass russische Pässe in Aussicht

Aus Kiew Bernhard Clasen

Mit 278 Ja- zu 38 Nein-Stimmen hat das ukrainische Parlament am Donnerstag Ukrainisch zur Staatssprache erklärt. KellnerInnen, Verkäuferinnen und Beschäftigte im Dienstleistungssektor müssen mit ihren Kunden Ukrainisch reden. Filme, Fernsehsendungen und kulturelle Veranstaltungen dürfen maximal zu zehn Prozent russischsprachig sein. Eine Kommission und ein Sprachbeauftragter wachen über die Einhaltung des Gesetzes. Bei Verstoß drohen Geldstrafen, Entlassungen und Lizenzentzug. Noch-Präsident Poroschenko hat angekündigt, das Gesetz zu unterzeichnen. Zwei Monate nach Veröffentlichung wird es rechtskräftig.

Auch nach der Wahl von Wolodimir Selenski zum neuen Präsidenten ist auf der politischen Ebene von einer Entspannung zwischen der Ukraine und Russland keine Rede. Am Mittwoch verfügte der russische Präsident Wladimir Putin eine erleichterte Vergabe russischer Pässe an Bewohner der „Volksrepubliken“ von Donezk und Lugansk.

In der Ukraine stößt der Putin-Ukas auf Ablehnung. Man erinnert sich an eine russische Praxis in den von Georgien abtrünnigen und nicht anerkannten Republiken Abchasien und Südossetien. Auch dort hatte Russland in großzügig russische Pässe ausgestellt und dann auf Seiten der Aufständischen mit der Begründung militärisch eingegriffen, das Leben russischer Staatsbürger sei in Gefahr.

Für Poroschenko hat Russland „eine rote Linie überschritten“. Russland habe diesen Schritt getan, so Oleksandr Turtschynow, Sekretär des Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine, weil die russische Gesetzgebung zum Schutz ihrer Staatsbürger einen Militäreinsatz erlaube. Nun könne der Kreml jede Handlung an der Front als Aggression gegen russische Staatsbürger interpretieren und wiederholen, was man im August 2008 in Georgien erlebt haben, meint der ukrainische Politologe Taras Beresowetz auf seiner Facebook-Seite. Er bezieht sich auf das militärische Eingreifen Russlands in den Konflikt um Südossetien. Die Ukraine hat inzwischen eine Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrates beantragt.

Die russische Entscheidung sei schlecht, weil sie die Konvention zur Verhinderung von Mehrfachstaatsbürgerschaften unterlaufe, meint die russische Migrationsexpertin Swetlana Gannuschkina gegenüber der taz. Politisch gesehen sei das eine „humanitäre Annexion, die unsere Beziehungen zur Ukraine weiter verschlechtert“. Russlands Rolle in diesem Krieg sei verurteilenswert. In der Praxis bedeute dieser neue Erlass jedoch, dass Bewohner von Lugansk und Donezk zwei Staatsbürgerschaften besitzen und somit problemlos in mehrere Länder reisen könnten.

Wenig praktischen Nutzen für die Bewohner sieht indes der russische Unternehmer Andrej Mowtschan. Um sich in Russland niederzulassen, so Mowtschan, brauche man nicht in erster Linie die russische Staatsbürgerschaft, sondern Arbeit, Geld und eine Wohnung. Deswegen werde die Nachfrage nach russischen Pässen nur sehr zurückhaltend sein, mutmaßt der Unternehmer gegenüber dem Radiosender Echo Moskau.

Der Kiewer Journalist Roman Huba sieht in dem ukrainischen Sprachgesetz und dem Putin-Erlass eine direkte Reaktion auf die ukrainischen Präsidentschaftswahlen. Putin demonstriere mit seinem Erlass seine Macht über ein Gebiet und dessen Bevölkerung. Poroschenko wolle mit dem Sprachgesetz vor den Parlamentswahlen im Oktober die potentiell rechte Wählerschaft um sich scharen. „Doch die Leidtragenden beider Entscheidungen sind die Menschen in den Gebieten, die Kiew nicht kontrolliert“, so Huba zur taz.

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