Kommentar EU-Urheberrechtsreform: Danke für nichts
Der EU-Ministerrat einigt sich auf eine Lösung ohne rechtliche Konsequenzen. Alle Befürchtungen zum Uploadfilter werden beiseite gewischt.
W äre es nicht so traurig, es wäre lustig. In den vergangenen Wochen haben SPD und Union um die EU-Urheberrechtsreform im Allgemeinen und die Frage der umstrittenen Uploadfilter im Speziellen einen Eiertanz aufgeführt. Nun haben sie sich zur Verabschiedung im EU-Rat auf eine Protokollnotiz zur dieser Richtlinie geeinigt, die sinngemäß sagt: Uploadfilter sollten vermieden werden, wenn sich das denn einrichten lässt.
Das ist lustig, weil es zeigt, dass die Union ihre Beteuerungen, zu diesen Filtern werde es schon nicht kommen, offensichtlich selbst nicht glaubt – und sie natürlich mit einer Protokollnotiz, die keine rechtlichen Konsequenzen hat, auch nicht verhindern würde. Und es ist auch lustig, weil im Netz gleich adäquate Reaktionen kommen, etwa der Vorschlag, dass man künftig doch auch einfach jedem Auto mit Verbrennungsmotor eine Protokollnotiz beilegen könne, die festhält, dass man gegen Emissionen ist.
Aber eigentlich ist es traurig. Weil so viel Unkenntnis, Unentschlossenheit und Inkonsequenz im Gesetzgebungsprozess dazu beiträgt, das ohnehin nicht überbordende Vertrauen in Politiker:innen weiter zu schwächen. Dabei hätten die Beteiligten eine ganze Reihe von Möglichkeiten gehabt, es besser zu machen, sogar im letzten Verhandlungsschritt: Die Befürchtungen von Nutzer:innen ernst zu nehmen, anstatt sie einfach beiseitezuwischen – das wäre ein Anfang gewesen.
Oder: sich von dem Gedanken zu verabschieden, dass es einen „Jetzt ist es so spät, dass wir nichts mehr ändern können“-Moment gibt, denn Änderungen sind genau so lange möglich, wie der politische Wille da ist.
Dazu kommt: Hätte Deutschland im EU-Rat anders abgestimmt – also mit einem Nein oder auch nur einer Enthaltung –, dann wäre diese Reform gar nicht erst durchgegangen. Dass also am Ende zwei Handvoll deutscher Bundespolitiker:innen darüber entscheiden konnten, ob die EU-weite Reform so kommt oder nicht, das ist wirklich alles andere als lustig.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Rückzug von Marco Wanderwitz
Die Bedrohten
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül