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Ein Fest für Lisel Mueller

Überfällige Würdigung: Hamburgs berühmteste lebende Dichterin wird in Lübeck gelesen

Von Benno Schirrmeister

Curriculum Vitae“, also Lebenslauf, heißt das Gedicht, in dem Lisel Mueller schreibt, wie sie versucht habe, heimzukehren. Also zurück nach Deutschland, nach Hamburg, ihre Geburtsstadt. „I stood at the door to my childhood, but it was closed to the public“, rekapituliert das Poem, mit dem ihr Pulitzer-Preis gekrönte Band „Alive Together (1997) beginnt, die Erfahrung der Entfremdung: „Ich stand vor der Tür zu meiner Kindheit, aber sie war für die Öffentlichkeit gesperrt“, nüchtern, fast schroff: hanseatisch.

Die Lübecker Initiative Stolpersteine versucht, sie ein Stück zu öffnen: Sie gestaltet, mit zweisprachiger Lesung – unter anderem der von Heidemarie Kugler-Weiemann und Cynthia Walthereigens erstellten, ersten deutschen Übersetzung von „Curriculum Vitae“ – umrahmt von Harfenmusik, in der Wortwerft einen Nachmittag für die amerikanische Dichterin, die am 8. Februar 1924 als Elisabeth Annelore Neumann in Hamburg geboren wurde. Von dort gelang ihr als Teenager zusammen mit Mutter Ilse und Schwester Inge im Juni 1939 die Flucht in die USA. Ihr Vater Fritz C. Neumann, von den Nazis 1933 geschasster Reformpä­dagoge und Marxist, hatte dort bereits Asyl bekommen.

Und eine Festanstellung: Die Familie durfte nachziehen: „America saved me“, heißt es in dem Gedicht „On Reading an Anthology of Postwar German Poetry“, „and History played me false“, also „Amerika hat mich gerettet/ und Geschichte mich betrogen.“

Der Zufall des eigenen Überlebens, das vermeintlich unverdiente Glück, weder Täterin noch Opfer zu sein, ist ein wiederkehrendes Motiv der meist reimlosen, vielschichtigen Verse dieser mit dem National Book Award, dem Lilly-, und dem Sandburg-Prize ausgezeichneten Lyrikerin – der also berühmtesten lebenden Hamburger Dichterin, die Deutschland allerdings noch lernen muss wertzuschätzen. Ein Schritt dahin: Die Bremer Bundestagsabgeordnete Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) hat, mit unterstützt von den anderen demokratischen Kräften im Kulturausschuss, beim Bundespräsidenten beantragt, Mueller ein Bundesverdienstkreuz zu verleihen.

So, 17. 3., 16 Uhr,

Lübecker Wortwerft

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