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Ehe für alle nur ein Anfang

Trotz der Gleichstellung der Ehe sind lesbische Paare mit Kinderwunsch immer noch benachteiligt. Angepasst werden müssten die Bestimmungen des Abstammungsrechts

Von Laila Oudray

Schon früh wussten Carina und Franziska (Namen geändert, die Red.): Sie wollen gemeinsame Kinder. Mit diesem Wunsch sind sie nicht allein: Der Lesben- und Schwulenverband geht davon aus, dass in Deutschland jede zweite lesbische Frau gerne Kinder hätte.

Für die Erfüllung ihres Traums vom Familienglück waren sie zu vielen Opfern bereit – und wurden immer wieder Opfer von Benachteiligung. Denn für lesbische Paare gibt es zwar die Möglichkeit, durch eine künstliche Befruchtung mit Hilfe einer Samenspende Kinder zu bekommen. Wobei der Samen in die Gebärmutter der Frau injiziert wird. Doch für lesbische Frauen ist diese Praxis mit vielen bürokratischen Hürden verbunden.

So ist schon die Suche nach einer passenden Kinderwunschklinik ein Spießrutenlauf. Immer wieder weigern sich Kliniken und Ärzt*innen, lesbische Paare aufzunehmen. Häufig bleibt ihnen nichts übrig, als ins Ausland auszuweichen, in die Niederlande oder nach Dänemark etwa. Das hatten Carina und Franziska auch probiert, doch es war keine Alternative: „Wir wohnen im Saarland, für einen Termin in den Niederlanden sind wir mal insgesamt zehn Stunden gefahren. Zehn Stunden für jede Untersuchung und jeden Ultraschall – wie soll das logistisch funktionieren? Wir sind beide berufstätig.“

Also suchten sie in Deutschland nach Kliniken: Sie recherchierten, telefonierten mit den Kliniken, besuchten Informationsveranstaltungen – monatelang. Irgendwann wurden sie fündig – in Wetzlar. „Das war gerade noch so zu schaffen, obwohl es immer noch insgesamt sechs Stunden Fahrt waren“, erzählt Carina.

Dann trat im Oktober 2017 die Ehe für alle in Kraft. Es gab die große Hoffnung, dass durch die Gleichstellung der Ehe der Zugang zu reproduktionsmedizinischen Dienstleistungen für lesbische Frauen vereinfacht wird. Auch Carina und Franziska heirateten noch im selben Jahr und wandten sich wieder an die Kinderwunschklinik ihrer Heimatstadt: „Wir waren ja jetzt verheiratet – vor dem Gesetz wie Mann und Frau.“ Doch wieder gab es eine Absage.

„Durch die Öffnung der Ehe hat sich an der Problematik nichts Entscheidendes geändert“, erklärt auch Gabriela Lünsmann. Sie ist Fachanwältin für Familienrecht in Hamburg. „Fruchtbarkeitspraxen haben trotzdem das Gefühl, dass sie bei lesbischen Frauen ein höheres Risiko eingehen, und lehnen sie daher als Patient*innen häufig ab.“

In Carinas und Franziskas Fall verwies die Kinderschutzklinik auf die Berufsverordnung der Ärztekammer des Saarlandes. Diese untersagt die Mitwirkung von saarländischen Ärzt*innen bei der künstlichen Befruchtung in Lebenspartnerschaften. Die Berufsverordnung ist allerdings letztmalig 2013 aktualisiert worden. Zudem hat die Ärztekammer schon 2015 in einem Schreiben an den Lesben- und Schwulenverband bestätigt, dass sie von einer Strafverfolgung von behandelten Ärztinnen und Ärzten absehen würde. „Doch es war der Kinderwunschklinik immer noch zu heiß, denn es steht trotzdem in der Richtlinie drin. Also blieb es bei einem Nein“, erklärt Carina. Daraufhin bleibt ihr und ihrer Frau nichts übrig, als für die Behandlung nach Wetzlar zu fahren.

Um diese rechtlichen Unsicherheiten zu beseitigen, sieht Gabriela Lünsmann auch die Ärztekammern in der Pflicht: „Sie können das schon deutlicher klarstellen, dass die Behandlung für verheiratete gleichgeschlechtliche Paare möglich ist. In einigen Bundesländern wie Hamburg sind lesbische Ehepaare explizit erwähnt.“

Doch wichtiger sei ihrer Meinung nach eine Änderung im Abstammungsrecht. Bei heterosexuellen Ehen ist der Ehemann automatisch der rechtliche Vater des Kindes – unabhängig davon, ob er auch der biologische Vater ist. Diese Abstammungsregel müsse nun um die Ehefrau der Mutter erweitert werden: „Im Gesetz steht nicht: Wer mit der Mutter verheiratet ist, gilt als zweiter Elternteil des Kindes, sondern da steht: Der Mann, der mit der Mutter verheiratet ist, gilt als Vater des Kindes. Sie können diese Regelung also nicht einfach auf zwei Frauen übertragen“, so Lünsmann.

Die Änderung des Abstimmungsrechts steht auf der politischen Agenda nicht ganz oben

Mit der Änderung des Abstammungsrechts würden sich viele rechtliche Unsicherheiten beheben lassen: „Dann hätten sie eine rechtlich vergleichbare Situation mit heterosexuellen Paaren“, so Lünsmann.

Außerdem ließe sich damit auch die Problematik der Stiefkindadoption lösen. Bisher ist es so, dass bei lesbischen Ehepaaren das geborene Kind rechtlich gesehen nur einen Elternteil hat. Die Mutter, die das Kind nicht ausgetragen hat, muss es erst in einem langwierigen Prozess adoptieren. Das bedeutet eine große Belastung für das Paar.

Gabriela Lünsmann sieht gute Chancen, dass sich das Abstammungsrecht dementsprechend ändert: „Das ist ja alles fraktionsübergreifender Konsens – und auch in der CDU/CSU mehrheitsfähig. Es steht allerdings auf der politischen Agenda nicht ganz oben.“

Carina und Franziska sind mittlerweile in einer Klinik in Bonn in Behandlung. Das sei zwar fast genau so weit wie nach Wetzlar, doch das Paar hat in der Stadt Familienmitglieder*innen, bei denen sie bei Terminen unterkommen können. Es ist ein Kompromiss, mit dem beide leben können. Jetzt hoffen sie, dass sie ihren Traum von einer Schwangerschaft endlich erfüllen können.

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