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Gleichberechtigt mittelmäßig

SPD, Linke und Grüne wollen ein Parité-Gesetz für Wahlen, die Opposition warnt vor Bevormundung

Von Marco Carini

Hamburgs rot-grüne Bürgerschaftsmehrheit fordert zusammen mit der Linken alle Parteien auf, ihre KandidatInnenlisten für die Bürgerschaftswahl 2020 paritätisch mit Männern und Frauen zu besetzen. Und sie will die Möglichkeit prüfen, diese Geschlechterparität bis zu den Bezirkswahlen 2024 per Gesetz vorzuschreiben. Einen entsprechenden Antrag verabschiedete das Stadtparlament am Mittwoch mit rot-rot-grüner Mehrheit. Ein Antrag der FDP, „dass keine Regelungen zur paritätischen Besetzung von Wahllisten in Hamburg eingeführt werden“, wurde abgelehnt.

Beim Thema Paritätsgesetz ist die Bürgerschaft in zwei Lager gespalten. Die drei Parteien, die längst paritätische Wahllisten aufstellen und unter ihren Abgeordneten über einen Frauenanteil zwischen 43 (SPD) und 57 Prozent (Linke) verfügen, wollen auch den anderen Parteien vorschreiben, gleich viele Männer wie Frauen auf ihren Erfolg versprechenden Wahllistenplätzen zu nominieren. FDP (33 Prozent), AfD (17 Prozent) und die CDU, von deren 20 Bürgerschaftsabgeordneten nur zwei weiblich sind, lehnen ein solches Gesetz als „Bevormundung der WährlerInnen und Parteien“ ab. Sie setzten auf freiwillige Quoten in ihren Parteien.

Besaß die erste Bürgerschaft mit passivem und aktivem Frauenwahlrecht vor genau 100 Jahren einen Frauenanteil von 9,2 Prozent, so beträgt er in der CDU-Fraktion aktuell gerade 10 Prozent. „Wir wollen nicht noch hundert Jahre warten, bis sich das ändert“, rechnete Gabi Dobusch (SPD) mit dem Freiwilligkeitsprinzip ab.

Für den AfD-Fraktionsvize Dirk Nockemann ist hingegen klar, „dass sich Männer eben mehr für Politik interessieren als Frauen“ und „jede Quote leistungsfeindlich“ ist. Die fraktionslose Nebahat Güclü konterte: „Erst wenn auch mittelmäßige Frauen in Führungspositionen sitzen, haben wir die Gleichberechtigung erreicht.“ Die FDP-Fraktionschefin Anna von Treuenfels-Frowein hingegen möchte „keine Quotenfrau“ sein und hält ein Parité-Gesetz „für verfassungsrechtlich bedenklich“. Auch die SPD möchte den Ausgang der Klagen gegen das Brandenburger Parité-Gesetz abwarten, bevor sie richtig in die Offensive geht.

Mehrere Abgeordnete von CDU und AfD fürchten den Einstieg in ein „Quotenparlament“. So hatte der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Hamburg, Murat Kaplan, vor dem Hintergrund der Debatte eine angemessene Quotenregelung für türkische MigrantInnen auf den Wahllisten der Parteien gefordert.

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