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Hamburg und Thüringen gegen Mikroplastik

Die beiden Länder starten eine Bundesratsinitiative, um die Teilchen in Kosmetika zu verbieten

Von Heike Holdinghausen

Weniger Mikroplastik in der Umwelt – dafür wollen die Länder Hamburg und Thüringen am Freitag im Bundesrat sorgen. Gemeinsam bringen sie eine Initiative ein, in der die Länder die Bundesregierung auffordern, gegen Mikroplastik in Kosmetik vorzugehen. Die Große Koalition solle auch ein Verbot von „bewusst zugesetzten Kunststoffpartikeln“ prüfen. „Plastikperlen in Shampoos und Duschgels sind eine unterschätzte, aber tückische Gefahr für die Umwelt“, begründet der grüne Umweltsenator Hamburgs, Jens Kerstan, den Vorstoß. Heutige Kläranlagen könnten die Partikel nicht vollständig herausfiltern, eine Umrüstung wäre immens teuer und müsste von den Wasserkunden finanziert werden. „Es wäre viel einfacher, wenn die Hersteller endlich auf Mikroplastik verzichten würden“, so Kerstan.

Der zuständige Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel (IKW) war am Donnerstag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Allerdings teilte er Ende Januar zum Thema mit, die Unternehmen kämen ihrer Verpflichtung zu sicheren Produkten mit „freiwilligen Initiativen“ nach. Zudem seien die Mengen an unlöslichen Mikroplastik-Partikeln deutlich zurückgegangen.

Laut dem Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (Umsicht) in Oberhausen gelangen in Deutschland jährlich rund 330.000 Tonnen Mikroplastik in die Umwelt. Die Wissenschaftler des Instituts unterscheiden dabei zwischen Partikeln, die extra erzeugt und in Produkten verwendet werden – wie etwa Mikroplastik in Peelings – und Partikeln, die durch die Nutzung von Kunststoffprodukten entstehen, etwa durch den Abrieb von Reifen oder Kleidung. Aus dieser Quelle stammen die größten Mengen; der Eintrag von Mikroplastik aus Kosmetika ist demnach deutlich geringer als der durch den Abrieb von Schuhen oder die Verarbeitung von Kunststoff auf Baustellen. Eine Vermeidung von Mikroplastik in Kosmetika begrüßt das Institut aber trotzdem, „einfach deshalb, weil es häufig überflüssig ist“, sagt Ralf Bertling, der die Fraunhofer-Studie „Kunststoffe in der Umwelt: Mikro- und Makroplastik“ betreut hat. Etwa in Peelings könne es durch gemahlene Obstkerne, Sand oder Zellulose ersetzt werden. Zwar sei bislang nicht erwiesen, dass Mikroplastik in der Umwelt schädlich sei, „das Gegenteil aber auch nicht“, so Bertling. Daher gelte das Vorsorgeprinzip. Wo es möglich sei, sollten die winzigen Partikel daher vermieden werden.

Nicht nur mengenmäßig schwerer wiegt das Problem der unabsichtlich eingebrachten Partikel. „Das ist vor allem eine Innovationsaufgabe“, sagt Bertling. Die Reifenhersteller müssten Reifen entwickeln, die bei guter Bodenhaftung weniger Abrieb verursachten, sagt der Ingenieur. Der Antrag der Länder soll zunächst im Umweltausschuss des Bundesrats verhandelt werden, Mitte März im Plenum. Wird er angenommen, müsste sich die Bundesregierung der Sache annehmen.

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