Korruption erleichtert

DGB und GAL werfen dem Senat vor, mit der geplanten Änderung des Vergabegesetzes illegale Praktiken im Baugewerbe zu fördern

„Mit dem Gesetz fällt eines der letzten Bollwerke gegen Lohndumping“

Von Marco Carini

Der DGB und die GAL schlagen Alarm: Mit der geplanten Änderung des Hamburger Vergabegesetzes vernichte der Senat Arbeitsplätze im Baugewerbe der Hansestadt und stelle zudem die Korruptionsbekämpfung ein. Die Baufirmen, die mit illegalen Praktiken arbeiten, würden durch die Novelle noch belohnt. Die Gesetzesänderung soll morgen von der Bürgerschaft debattiert werden.

Anfang vergangenen Jahres verabschiedete eine Ad-hoc-Koalition von SPD, GAL und den Resten der in Auflösung begriffenen Schill-Truppe gegen die Stimmen der CDU ein Regelwerk mit dem unscheinbaren Titel „Vergabegesetz“. Das Paragraphenwerk hat zwei entscheidende Eckpfeiler: Zum einen darf die öffentliche Hand nur Aufträge an Firmen vergeben, die sich verpflichten, ihre Mitarbeiter nach gültigen Tarifen zu entlohnen.

Zum anderen wurde mit dem Gesetz ein Korruptionsregister eingerichtet, in dem alle Firmen aufgelistet werden sollten, denen der Versuch nachgewiesen werden kann, öffentliche Aufträge mithilfe von Schmiergeldern zu ergattern. Solche Unternehmen sollten über Jahre keinerlei Verträge mehr mit der Stadt schließen können.

Beide Regelungen sollen in der Novelle auf Betreiben von Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) jetzt gekippt werden. „Die Tendenz wird dann noch stärker dahin gehen, dass Baufirmen, die die gültigen Tarife einhalten, keine Chance mehr haben werden, an öffentliche Aufträge zu kommen“, ahnt Jörn Förster, Gewerkschaftssekretär der IG Bau.

Schon heute würde die Tariftreue nach Erkenntnissen des DGB mit zahlreichen dubiosen Praktiken unterlaufen: Polnische oder türkische Arbeiter würden bei vielen Subunternehmern zwar offiziell Tariflöhne erhalten, müssten aber statt der vereinbarten 120 Stunden für ihren Gesamtlohn fast die doppelte Stundenzahl arbeiten. Unternehmen aus Mecklenburg-Vorpommern würden ihre in Hamburg eingesetzten Mitarbeiter nur nach den Ost-Mindestlöhnen (10,36 Euro) statt nach Westtarifen (14,82 Euro) entlohnen.

Und die Stadt würde ihre Verpflichtung aushebeln, Aufträge nur an Unternehmen mit Tarifbindung zu vergeben, indem sie für die Vergabe öffentlich bezahlter Aufträge private Firmen zwischenschaltet, die sich um die Tarifbindung nicht scheren.

Laut DGB-Landeschef Erhard Pumm führt diese Praxis dazu, dass tariftreue Hamburger Baufirmen bei öffentlichen Ausschreibungen schon heute kaum noch konkurrenzfähige Angebote abgeben könnten. Das sei ein Grund für die rekordverdächtige Arbeitslosenquote von 32 Prozent im Hamburger Baugewerbe. Als weitere Konsequenz fließen so immer weniger Sozialabgaben aus diesem Bereich in die Kassen der Stadt. Entfalle mit der Tariftreue-Regel nun auch noch „eines der letzten Bollwerke gegen Lohndumping“, sieht Pumm „der illegalen Beschäftigung Tür und Tor geöffnet“.

Tür und Tor werde durch die ebenfalls geplante Abschaffung des Korruptionsregisters auch Firmen geöffnet, die mit privaten Zuwendungen an öffentliche Bedienstete dafür sorgen, dass ihre Geschäfte wie geschmiert laufen, befürchtet der GAL-Rechtsexperte Till Steffen. Unternehmen, deren Bestechungsversuche offenkundig werden, müssten nun nicht mehr befürchten, fortan keine städtischen Aufträge mehr zu erhalten.

Steffens Bewertung der Pläne: „Bestechung scheint für den Senat zur unternehmerischen Initiative zu gehören.“