Einschränkung von Klagerechten: Angriff auf die Öko-Kläger

Scharfe Attacke auf Umweltverbände: Die Bundesländer fordern, dass BUND, Nabu und Co nur noch eingeschränkt vor Gericht ziehen dürfen.

Neben einem Kohlekraftwerk steht ein Stoppschild

Kohlekraftwerk Voerde: Nicht nur Demos, auch Klagen sind Instrumente von Umweltschützern Foto: dpa

BERLIN taz | Die Bundesländer wollen die Klagerechte von Umweltverbänden, die vor Gericht gegen umstrittene Behördenentscheidungen vorgehen, stark einschränken. Anders als bislang geregelt sollen nach diesen Vorstellungen Organisationen wie BUND, Nabu oder WWF in Zukunft nur noch Prozesse führen dürfen, wenn direkt Umweltbelange bedroht sind. Außerdem wollen die Bundesländer die Position der Kläger im Prozess durch die sogenannte „Präklusion“, dem Ausschluss von Einwänden, schwächen. Darauf soll nach einem Beschluss der 89. Justizministerkonferenz vom November, der jetzt bekannt wurde und der taz vorliegt, die Bundesregierung hinwirken.

Der Beschluss, der auf Antrag des rot-grün regierten Bremen mit Mehrheit angenommen wurde, hat zwar wenig Chancen, schnell realisiert zu werden. Aber er passt in die politische Landschaft. Derzeit werden vielfach die Rechte von Umweltverbänden in Frage gestellt.

So will die CDU prüfen lassen, ob die Deutsche Umwelthilfe (DUH) noch gemeinnützig ist, die erfolgreich Fahrverbote wegen Überschreitung der Schadstoffgrenzwerte einklagt. Außerdem gibt es Stimmen in der Union, die die Einschränkung von Verbandsklagen fordern. Die Große Koalition im Bund hat sich im Verkehrsbereich vorgenommen, das „Verbandsklagerecht in seiner Reichweite“ zu überprüfen und sich auf EU-Ebene für die Wiedereinführung der Präklusion“ einzusetzen. Und im November forderte der Zentralverband der deutschen Seehäfenbetriebe (ZDS), die EU-Wasserrahmenrichtlinie zu entschärfen, mit der Umweltverbände erfolgreich gegen die Vertiefung von Flüssen klagen.

Am gleichen Tag, dem 15. November, formulierten die Justizminister der Länder bei ihrer Herbsttagung in Berlin die Attacke auf zwei der wichtigsten Instrumente der Öko-Kläger. Sie „sprechen sich dafür aus, die Aarhus-Konvention und das einschlägige Unionsrecht dergestalt anzupassen, dass die materielle Präklusion und die Beschränkung des gerichtlichen Prüfungsumfangs auf umweltbezogene Rechtsvorschriften wieder umfassend in das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz aufgenommen werden können“, heißt es in dem Beschluss. Gerade um das „UmweltRG“ hatte es ein jahrelanges Tauziehen gegeben.

Noch sind Hamster auch nach Prozessbeginn wichtig

Weil Deutschland den Verbänden nicht das Recht einräumte, etwa gegen Projekte zu klagen, die das Baurecht betrafen, hatte es genauso gegen internationales Recht verstoßen: Gegen die Aarhus-Konvention zur Beteiligung der Öffentlichkeit an Umweltentscheidungen und das EU-Recht, das diese Konvention umsetzt. Erst im Sommer 2017 hatte die Bundesregierung das Gesetz so geändert, dass die Verbände auch klagen können, wenn nicht nur Umweltrecht betroffen ist. Auch können sie nun nach Prozesseröffnung noch neue Sachverhalte einbringen: wenn etwa erst später eine Population von Hamstern gefunden wird, wo ein Einkaufszentrum geplant ist.

Diese Vorteile für die Umweltverbände wollen die Länder nun zurückdrehen. Mit der „Präklusion“, die diese nachträglichen Argumente ausschließt, sollen die Kläger weniger Möglichkeiten zum Einspruch haben. So solle „möglichst früh Rechtssicherheit geschaffen und verhindert werden, dass Verfahren aus taktischen Gründen in die Länge gezogen werden“, erklärte die Bremer Justizverwaltung auf Anfrage der taz. „Die Klagebefugnis der Umweltschutzverbände wird keineswegs eingeschränkt. Es handelt sich also um reine Verfahrensvorschriften.“

Bundesumweltministerium prüft

In Bremen laufen derzeit Klagen des BUND gegen die Vertiefung der Weser und den Ausbau des Hafens in Bremerhaven. Diese Verfahren seien nicht betroffen, das Ganze sei eine langfristige Planung, heißt es aus dem Justizressort – dessen Chef Martin Günthner (SPD) ist praktischerweise auch Häfensenator.

Ein solches Verfahren zur Revision von EU- und Völkerrecht könne aber „20 bis 30 Jahre dauern“, so ein Experte. Der Vorstoß der Länder wird nun im Bundesumweltministerium geprüft. Im Januar werde man die anderen Ressorts einladen, um zu klären, „wie wir mit dem Auftrag aus dem Koalitionsvertrag umgehen werden“, sagte ein Sprecher.

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