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Nur Trippelschrittchen bei Menschenrechten

Bundesregierung tut zu wenig, um Unternehmen zu ökologischer und sozialer Geschäftspolitik zu verpflichten, bemängeln DGB und Entwicklungsverbände

Von Hannes Koch, Berlin

Die Geschäfte bundesdeutscher Unternehmen bringen für Menschen in anderen Ländern nicht nur Vorteile. Negative Auswirkungen wie Umweltschäden oder zu niedrige Löhne will die Bundesregierung deshalb mit ihrem Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) zumindest eindämmen. Dabei seien jedoch nur „Trippelschrittchen“ zu verzeichnen, kritisierten am Donnerstag unter anderem der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), das Cora-Netzwerk für Unternehmensverantwortung und der Verband für Entwicklungspolitik (Venro).

Vor zwei Jahren wurde der NAP verabschiedet – mit zahlreichen Wünschen der Regierung an die Unternehmen und einigen Selbstverpflichtungen der Politik. Alles ist jedoch freiwillig, zusätzliche gesetzliche Regelungen gibt es nicht. Das war schon immer ein wichtiger Kritikpunkt am NAP. „Schon bei der Erarbeitung des Aktionsplans hatte die Bundesregierung keinen Mut zu verbindlichen Menschenrechtsauflagen für Unternehmen aufgebracht“, erklärte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann. „Die gleiche Mutlosigkeit kennzeichnet leider auch die Umsetzung dieses ohnehin schwachen Aktionsplans.“ Das Außenministerium entgegnete: „Grundsätzlich ist eine wachsende Sensibilität bei Unternehmen und Wirtschaftsverbänden, aber auch bei Investoren und Kunden für menschenrechtliche Fragen in den globalen Lieferketten zu beobachten.“

Ein wichtiger Punkt der Kri­tiker*innen: Sie befürchten, dass die Erfolgskontrolle nichts bringt, mit der die Bundesregierung die Einhaltung des Aktionsplanes überprüfen will. Für 2020 ist eine repräsentative Stichprobe mit bis zu 400 deutschen Firmen geplant, die jeweils über 500 Ar­beitnehmer*innen beschäftigen. Insgesamt sitzen in der Bundesrepublik etwa 6.500 solcher Unternehmen.

Die Ergebnisse der Befragung sollen nur anonym veröffentlicht werden, monieren die Kri­tiker*innen. So lasse sich nicht nachprüfen, welches Unternehmen auf die Menschenrechte bei seinen ausländischen Geschäften achte und welches nicht. Anders sei es jedoch nicht möglich, sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Da die Teilnahme an der Befragung freiwillig erfolge, würde kaum ein Unternehmen mitmachen, wenn man die Ergebnisse individuell zuordne. Deswegen kritisieren DGB und Cora-Netzwerk ebenso die Freiwilligkeit der Erfolgskontrolle. Außerdem wiesen sie darauf hin, dass es bei der Befragung der Firmen nur darum gehe, was diese planen, nicht aber um tatsächlich erfolgte Verbesserungen für Anwohner*innen und Personal.

Diese Überprüfung ist wichtig: Für den Fall, dass weniger als die Hälfte der befragten Firmen die Regeln des Aktionsplanes einhält, droht die Regierung mit einem Gesetz. „Diese Quote ist völlig willkürlich gewählt“, sagte Venro-Vorstandschef Bernd Bornhorst. „Gerade für die Unternehmen, die die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht nicht beachten, brauchen wir eine gesetzliche Regelung am dringendsten.“

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