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Bauern wollen Nandus schießen

Mehr als 500 der Laufvögel leben jetzt in Schleswig-Holstein und Mecklenburg. Zu viele, finden Landwirte

Europas einzige wilde Nandu-Population im Grenzgebiet von Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein hat sich trotz Bemühungen um eine „Geburtenkontrolle“ seit dem Frühjahr mehr als verdoppelt. Bei der Herbstzählung vor rund zwei Wochen seien im Biosphärenreservat Schaalsee 566 Tiere gezählt worden, 294 davon Jungvögel aus diesem Jahr, teilte das Landwirtschaftsministerium in Schwerin am Montag mit. Bei der Frühjahrszählung waren es 205 Tiere gewesen, die unter Artenschutz stehen.

Als Ursache für die starke Zunahme der Population wird der warme und trockene Sommer vermutet. Die Zählmethode habe sich nicht geändert, sodass dies nicht die Ursache für den Anstieg sein könne, sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Agrarminister Till Backhaus (SPD) wolle nun prüfen, ob und wie der Populationsanstieg bekämpft werden könnte.

Petra Böttcher vom Kreisbauernverband forderte, man müsse gegebenenfalls den Abschuss der männlichen Tiere beantragen. Die bis zu 1,40 Meter großen und bis zu 25 Kilo schweren südamerikanischen Laufvögel richteten regelmäßig Schäden auf Getreide- und Rapsfeldern an. „In die Zehntausende geht der Schaden jährlich auf jeden Fall“, sagte Böttcher. Sie kritisierte, dass der Ausgleichsfonds der Landesregierung nicht groß genug sei. Landwirte können daraus Entschädigungen erhalten, was vor allem Bauern an der Ostsee betreffe, die Fraßschäden durch Zugvögel erlitten.

„Die Ausfälle sind ganz schwer zu beziffern“, bestätigte Bauernverbandspräsident Detlef Kurreck. Es sei für die Landwirte schwer zu beweisen, welche Schäden der Nandu angerichtet habe und welche nicht. „Hier ist jetzt politischer Wille gefragt“, sagte Kurreck in Bezug auf mögliche Abschüsse. Es fehle an rechtlichen Regelungen. Die betroffene Fläche sei aber klein, weshalb politischer Druck fehle.

Um den Bestand der Nandus zu kontrollieren, waren laut Ministerium 190 Eier angebohrt worden, damit daraus keine Jungtiere schlüpfen. Dies war 2017 zum ersten Mal gemacht worden, zunächst mit Erfolg. Damals war die Population um 22 Tiere im Vergleich zum Vorjahr gesunken und es wurden deutlich weniger Jungtiere gezählt.

Die norddeutschen Nandus stammen von wenigen Tieren ab, die um die Jahrtausendwende vom Hof eines Züchters in der Nähe von Lübeck entkamen. Sie etablierten sich im Biosphärenreservat Schaalsee auf der Landesgrenze zwischen Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Nandus gelten nicht mehr als invasive Art, weil sie in freier Natur und ohne menschliche Hilfe über mehrere Generationen überlebt haben. (dpa)

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