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Präsident Macrons faule Beruhigungspillen

Vielen Franzosen reichen die Versöhnungsangebote ihres Staatsoberhauptes nicht aus. Linke und rechte Parteien bringen sich in Stellung und wollen die Gelbwesten aufwiegeln

Aus Paris Klara Fröhlich

So ein großes Publikum für eine Fernsehansprache hatte ein französischer Präsident seit Langem nicht. Über 23 Millionen Franzosen verfolgten Emmanuel Macrons kurze Rede gestern über nationale TV-Kanäle und Nachrichtensender. Er überraschte mit einer Erhöhung des Mindestlohns um 100 Euro netto. Diese Erhöhung soll in Form einer unversteuerten Prämie an Mindestlohn-Empfänger gezahlt werden, eine Maßnahme die Macron schrittweise bis 2021 einführen wollte, nun aber „beschleunigen“ will. Außerdem kündigte er die Streichung einer Sozialabgabe für Rentner und Rentnerinnen an, die weniger als 2.000 Euro monatlich beziehen. Beide Forderungen sind von Politikern aus den Reihen Macrons zuvor als unmöglich umsetzbar bezeichnet worden.

Einige Gelbwesten sehen in den Ankündigungen des Präsidenten eine offene Tür. Andere nennen Macrons Maßnahmen nur „Brotkrumen“. Enttäuschte Gelbwesten fanden sich bereits wenige Minuten nach der Ansprache in den Sendungen der Nachrichtenkanäle wieder. Auch in den sozialen Medien ist ihr Unmut zu lesen.

Auf der Facebook-Seite „La France en colère“ („Das wütende Frankreich“) wird Macrons Ansprache als „faul“ und „nicht weitreichend genug“ abqualifiziert. Andere weisen darauf hin, dass ihre Berufs- oder Gehaltsklasse nichts davon hätte. Immer noch wütende Gelbwesten rufen zu einem fünften Demonstrationsakt am kommenden Samstag auf. Doch die Zahl der Zustimmungen hält sich in Grenzen.

Eine Umfrage des Instituts Odoxa für das Nachrichtenportal France Info und die Zeitung Le Figaro vermittelt ein gemäßigteres Bild. Die nach der Ansprache durchgeführte Umfrage mit knapp tausend Franzosen zeige, dass es Macron zum ersten Mal geschafft hat, sein ramponiertes Bild in der Bevölkerung zu verbessern. Die Mehrheit der Befragten sei der Meinung, der Präsident hätte „zufriedenstellende Maßnahmen“ angekündigt und sich „klar“ und „der Situation angemessen“ ausgedrückt. Trotzdem gaben immer noch 54 Prozent an, für eine weitere Mobilisierung zu sein. Im Vergleich zu früheren Umfragen des Instituts sind die neuen Werte um 12 Prozentpunkte gesunken.

Die Umfrage zeigt, dass Frankreich gespalten ist. Ein Teil der Bewegung – meist Arbeiter mit geringem Einkommen – drängt auf eine Weiterführung der Aktionen. Ein anderer Teil will wieder zur Normalität zurückkehren. Unterstützer der linken Partei La France Insoumise und der rechten Partei von Marine Le Pen sind dafür, weiter zu protestieren. Der Chef der linken Partei Jean-Luc Mélenchon ging auf den Unmut der Wähler ein, indem er die Ansprache Macrons mit den Worten kritisierte: „Er hat geglaubt, wenn er Geld verteilt, würde sich der Aufstand des Volkes beruhigen.“ Weder Arbeitslose, noch Rentner, Funktionäre oder die Jugend kämen in seiner Rede vor. Die Kosten für seine Maßnahmen würden vom Staat, also vom Steuerzahler getragen werden. Was, so Mélenchon, nicht einer Umverteilung der Last gleichkomme, sondern nur zeige, dass Macron weiterhin die Bessergestellten und Reichen unterstütze.

Marine Le Pen, Präsidentin der rechtsextremen Partei Rassemblement national und Nicolas Dupont-Aignan, Gründer der konservativ-rechten Partei Debout La France nutzten die Chance, um Macrons Immigrationspolitik zu kritisieren. Der Präsident sprach davon, dass Frankreich seine Position zur Immigration nun überdenken müsse. Die Organisation SOS Racisme zeigte sich besorgt über diese Äußerung.

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