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Diktatur àla française

Frankreichs Polizeikräfte gehen brutal gegen SchülerInnen in einem Pariser Vorort vor. Das belegt ein Video. Vor einer Kundgebung der Gelbwesten herrscht Hochspannung

Schülerproteste Mitte dieser Woche in Lyon Foto: Nicolas Liponne/ZUMA Press/imago

Aus Paris Rudolf Balmer

Dutzende von 12- bis 20-jährige MittelschülerInnen auf Knien, die Hände hinter dem Kopf gefesselt oder mit Handschellen hinter dem Rücken mit dem Gesicht zur Wand. Das ist Frankreich im Dezember 2018 im Vorort Mantes-la-Jolie. Dort wurden nach Zusammenstößen nach einer Kundgebung gegen Bildungsreformen 148 MittelschülerInnnen wegen des Verdachts der Beteiligung an Gewalt oder Sachbeschädigungen festgenommen.

„Das ist aber mal eine brave Schulklasse“, höhnt die Stimme eines unsichtbaren Polizeibeamten. Ein anderer befiehlt den eingeschüchterten Jugendlichen, still zu sein und geradeaus zu blicken. Das Video wurde von einem Mitglied der Polizei aufgenommen und via Twitter verbreitet, bevor es gelöscht wurde. Zu spät. Der Film wird tausendfach von Leuten verbreitet, die empört sind über solche Methoden. Erziehungsminister Jean-Michel Blanquer äußerte sich im Fernsehen ebenfalls „schockiert“, aber man müsse den „Kontext“ berücksichtigen. Mit einer Untersuchung will die Polizeiinspektion den Autor des Videos ausfindig machen.

Die skandalöse Polizeigewalt gegen Jugendliche dürfte das Klima in Frankreich zusätzlich anheizen und insbesondere viele SchülerInnen motivieren, die bisher gezögert hatten, sich der Mobilisierung aktiv anzuschließen. Zu Wochenbeginn wurden 200 Mittelschulen bestreikt oder blockiert. Mitte der Woche begann sich die Bewegung auszuweiten und zu radikalisieren.

Am Mittwoch wurden in Saint-Jean-de-Braye bei Orléans und im Pariser Vorort Garges-lès-Gonesse zwei Schüler durch Hartgummigeschosse der Polizei schwer verletzt. Bei Demons­trationen wurden in ganz Frankreich am Donnerstag 700 Jugendliche festgenommen und in Polizeigewahrsam gehalten. Jetzt wollen die SchülerInnen am Samstag in Paris demonstrieren und sich mit ihren eigenen Forderungen der Kundgebung der Gilets jaunes anschließen.

Die skandalöse Polizeigewalt gegen jugendliche Demonstranten dürfte das Klima in Frankreich zusätzlich anheizen

Angesichts der drohenden Krawalle vor allem in der Hauptstadt will die Regierung fast doppelt so viele Angehörige der Polizei und Gendarmerie aufbieten wie vor einer Woche: 89.000 in ganz Frankreich, davon 8.000 in der Hauptstadt, die durch Wasserwerfer und zwölf Panzerfahrzeuge unterstützt werden. Einzelheiten zur Taktik oder zu einem Einsatz der Armee wollen die Behörden nicht mitteilen. Innenminister Christophe Castaner sagte am Freitag im Fernsehen, die Polizei habe „radikale Elemente“ identifiziert, „Waffen“ seien beschlagnahmt worden. Die Rede ist von 28 Molotow-Cocktails und drei Sprengsätzen.

Die Hauptstadt rüstet sich derweil für einen schwarzen Samstag. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo appellierte an die Besonnenheit der Bevölkerung und versicherte, alles für die Sicherheit zu tun. Vorsorglich werden Gitter, Holzbretter von Baustellen, Glasscheiben von Bus-Unterständen entfernt. In mehreren Stadtteilen haben die Geschäfte ihre Schaufenster und Eingänge verbarrikadiert.

Im Namen einer zu Verhandlungen bereiten Gruppe der Bewegung der Gelbwesten, die sich Gilets jaunes libres nennt, ersuchten am Freitag Benjamin Cauchy und Jacline Mouraud ihre MitstreiterInnen, sich nicht an der Demonstration in Paris zu beteiligen. Diese würde zu einer Falle für die Gelbwesten, weil die Regierung alle mit den gewalttätigen casseurs in einen Topf werfe. Die beiden kritisieren die Staatsführung, die auf ihr Verhandlungsangebot nicht einmal geantwortet habe.

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