taz-adventskalender: Frohe Botschaft (5): Tübinger macht Werbung für Berlin

Sie verlassen jetzt den sicheren Bereich: Mit Sprüchen wie diesem zieht Boris Palmer über Berlin her. Dabei macht das eine Stadt doch erst aus. Danke, Boris!

Boris Palmer schaut in die Kamera

Mit dem Vollbart würde er zu den Hipstern in Neukölln passen, mit seinen Sprüchen nicht: Boris Palmer Foto: dpa

Nach dem christlichen Kalender wird die Frohe Botschaft ja erst am 24. Dezember verkündet. Weil es in diesem irdischen Jammertal aber so selten Grund zur Freude gibt, präsentieren wir bis Weihnachten täglich eine gute Nachricht.

Fangen wir den Tag mit einem Kalauer an: Es gibt Leute, die können einen mit ihrem Gelaber auf die Palme bringen. Denkt man aber drüber nach, stellt man oft fest, dass selbst das etwas Gutes hat. So ist es etwa mit dem Bürgermeister – Entschuldigung: Oberbürgermeister – des schwäbischen Städtchens Tübingen mit 89.000 Einwohner*innen. Es ist vor allem dafür bekannt, dass dort vor einigen Jahrhunderten ein großer deutscher Dichter als Irrer oben in einem Turm vor sich hinsiechte – sicher auch, weil er die Spießer in seiner Umgebung im Kopf nicht mehr aushielt. Bildlich gesprochen: Sie haben ihn dauerhaft auf die Palme gebracht.

Irrsinn im Oberstübchen vor idyllischer Kulisse – damit sind wir wieder beim Tübinger OB, der noch Mitglied der Grünen sein soll. „Ich komme mit dieser Mischung aus Kriminalität, Drogenhandel und bitterer Armut auf der Straße schlicht nicht klar“, hat Boris Palmer den Zeitungen der Funke-Mediengruppe gesagt, zu denen etwa die Morgenpost gehört. Palmer meinte damit – Berlin. „Wenn ich dort ankomme, denke ich immer: ‚Vorsicht, Sie verlassen den funktionierenden Teil Deutschlands.‘“ Dann betonte er natürlich: „Ich will diese Verhältnisse in Tübingen nicht.“

Boris P. im Bällebad
Eine mit Graffiti bemalte Hauswand

Das gäb's in Tübingen nicht: Graffiti auf einer Hauswand in Neukölln Foto: dpa

Umgekehrt wollen viele Palmer in Berlin nicht. „Der kleine Boris möchte bitte im Bällebad abgeholt werden“, kommentierte der Berliner Partei-“Freund“ Stefan Gelbhaar bei Twitter die irren Aussagen. Und legte nach: „Und bitte den kleinen Boris nicht unbegleitet allein in großen Städten zurücklassen. Es verstört ihn, dass die Welt nicht völlig in Ordnung ist.“

Wirtschaftssenatorin Ramona Pop, ebenfalls Grüne, empfahl Palmer, er solle „woanders die Kehrwoche zelebrieren und [sich] als Hilfssheriff blamieren“. Erst vor einigen Tagen war Palmer nachts mit einem Studenten aneinandergeraten und wollte diesen, offenbar für eine abfällige Bemerkung, zur Rechenschaft ziehen.

Fast schon diplomatisch äußerte sich da Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), der von einem „Generalangriff auf die Hauptstadt“ sprach.

Hm.

Von oben auf der Palme betrachtet muss man Tübingens OB danken. Dass Berlin Wahnsinnstypen wie ihm nicht gefällt: super! Wenn jetzt weitere schwäbische Wohnungskäufer Angst bekommen, in Berlin zuzuschlagen: prima! Und vielleicht distanzieren sich sogar die Biederschwaben in Prenzlauer Berg von diesem Habitus. Dit wär Berlin! Bert Schulz

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