piwik no script img

Krank isst gesund

Bei der Umsetzung der Billigfleischbremse und der Zertifizierung ihrer Ernährungsgewohnheiten macht die Klinikholding Geno laut Senat Fortschritte – auch wenn der Bio-Anteil erstmal niedrig bleibt

Künftig 20 Prozent bio: Klinik-Essen bei der Geno Foto: Caroline Seidel/dpa

VonBenno Schirrmeister

Es will ja so viel bedacht sein, zum Beispiel die Verpackungseinheit für Trinkmilch: kann ein Problem werden bei einer Neuorganisation der Krankenhausverpflegung. War auch eins: Die geforderte Umstellung auf 100 Prozent Bio-Trinkmilch in Bremens kommunalen Krankenhäusern war laut Gesundheit Nord (Geno) „nicht ganz einfach“ und hat entsprechend länger gedauert, als erwartet, „weil die für den Handel vorhandenen Verpackungseinheiten nicht für den Einsatz im Klinikverbund geeignet waren“.

Die Geno ist dann aber eine Partnerschaft mit der Lilienthaler Hofmolkerei Dehlwes eingegangen. „Gemeinsam wurde die passende Verpackungseinheit für die Trinkmilch ins Leben gerufen“, heißt es im Senatsbericht zum Stand der Umsetzung des Aktionsplans 2025, der heute in der Gesundheitsdeputation vorgestellt wird. Ende Juni sei die klinikgerecht verpackte Biomilch dann flächendeckend eingeführt worden, heißt es im Rapport.

Und seit November gibt’s für Kranke demnach sogar Kakao mit Bio-Siegel. Zudem werden bereits fünf Prozent der tierischen und pflanzlichen Lebensmittel aus Bio-Anbau eingekauft. Die Geno hat sich diese Bemühungen durch die Gesellschaft für Ressourcenschutz bescheinigen lassen. Man sei „stolz“, so schnell dieses Ziel erreicht zu haben, sagt Geno-Geschäftsführerin Jutta Dernedde. Für die Mitarbeiter*innen sei das „ein enormer Aufwand – neben dem weiterlaufenden Alltagsgeschäft“ gewesen. „Aber das hat sich gelohnt“, findet Dernedde.

Sehr zufrieden mit der Entwicklung ist der Grünen-Abgeordnete Jan Saffe: „Die Geno stellt sich dem wirklich“, sagt er, „die haben sich nach ihren anfänglichen Vorbehalten fast schon an die Spitze der Bewegung gesetzt.“ Auf diese Weise, durch eine Ernährungswende, könne man „von Bremen aus Agrarwende machen“. Dass dadurch die Kosten pro Patient pro Tag um 30 Cent steigen, hält Saffe für unproblematisch: „Gute Lebensmittel müssen etwas kosten“, sagt er. Die Kranken zahlen zudem weiterhin pauschal zehn Euro pro Tag. Nur die Qualität ist eine andere. Den Aufschlag müsse kein Patient bezahlen, versichert Saffe.

Der Grüne war Initiator des Projekts, die öffentliche Verpflegung von gequältem Fleisch und Importgemüse bis 2025 auf 100 Prozent bio, regional und frisch umzustellen. Über die Idee dieser Billigfleischbremse war bundesweit berichtet worden – mit für Bremer Themen längst ungewohntem Wohlwollen.

Die Kranken zahlen weiterhin zehn Euro pro Tag, nur die Qualität ist besser

In Bürgerschaft und Verwaltung hatte es allerdings Widerstand gegeben. Erst ein außerparlamentarischer Bürger­antrag hatte schließlich die Debatte erzwungen. Und noch bis Anfang des Jahres hatten zumal die Kliniken ernste Bedenken angemeldet. Am Ende wurde ihre ohnehin niedrigere Zielvorgabe von 75 auf nur 20 Prozent Bio-Anteil bis 2025 reduziert.

Klingt schlapp. Das bleibe aber ein großer Erfolg, sagt Peter Bargfrede, seinerzeit Vertrauensmann für den Bürgerantrag. „Entscheidend war, politisch klare Vorgaben zu machen, denn ohne die bewegt sich erfahrungsgemäß wenig.“ Er gehe davon aus, dass mit dem Einstieg in die Umstellung auch die Einsicht in den Krankenhäusern wächst, „dass man sich mit besserer Ernährung auch profilieren kann“.

Zugleich mit der Umstellung auf Produkte einer ökologisch verträglicheren Landwirtschaft hat die Geno auch begonnen, die eigene Versorgung an die Richtlinien der Gesellschaft für Ernährung (DGE) anzupassen: Erst 32 Krankenhäuser in ganz Deutschland, das sind nicht einmal zwei Prozent, erfüllen deren klinik-spezifische Standards, die 2011 aufgestellt wurden.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen