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Lehm wird heute immer schicker

Spezialisten, die mit Lehm arbeiten, sind gefragt. Dafür gibt es spezielle Fortbildungen, und Handwerkergesellen können sich als Fachkraft für Lehmbau selbstständig machen

Von Joachim Göres

Lehm erfreut sich als Baustoff wachsender Beliebtheit, nicht nur bei Sanierungen von alten Fachwerkhäusern, sondern auch bei Neubauten. Dabei spielen seine Eigenschaften wie eine gute Schall- und Wärmedämmung und ein verbessertes Raumklima und der niedrige Energieaufwand bei der Lehmherstellung gar nicht mal die Hauptrolle.

„Früher haben sich unsere Kunden aus ökologischen Gründen für Lehm entschieden. Heute zählt immer mehr die Optik, denn Lehm wird immer schicker. Bei Lehmputzoberflächen sind vor allem gelbe und weiße Töne in feinsten Strukturen gefragt“, sagt Kai Kunze. Der gelernte Tischler und Zimmermann setzt in seinem auf Altbausanierungen spezialisierten Betrieb seit über 20 Jahren Lehm ein. Seine Kenntnisse hat er sich weitgehend selbst beigebracht – Lehmbauer ist kein eigener Ausbildungsberuf.

Für Maurer und andere Handwerker gibt es Lehmbau-Weiterbildungen mit anschließender Prüfung. Kunze hat kürzlich so einen Kurs in der Nähe von Koblenz erfolgreich absolviert und kann sich nun Fachkraft für Lehmbau nennen. „So ein Zertifikat ist ein Markenzeichen für die Kunden. Trotz meiner langjährigen Erfahrung habe auch ich noch etwas in dem Kurs über die Grundlagen des Materials und die Gestaltungsmöglichkeiten von Lehmoberflächen gelernt“, sagt der Chef von Holz- und Lehmbau Kunze aus Lengerich bei Osnabrück.

Teilnehmer dieser von der Handwerkskammer Koblenz angebotenen 120-stündigen Fortbildung bekommen Kenntnisse über Bauphysik und -chemie vermittelt, lernen die für Lehm gültigen DIN-Normen kennen, werden mit den verschiedenen Lehmsorten vertraut gemacht und wenden ihre theoretischen Kenntnisse zum Beispiel bei der Fertigstellung eines Mauerwerks aus Lehmstein und bei Lehmputzaufbauten praktisch an. Am Ende steht eine vierstündige theoretische und eine achtstündige praktische Prüfung.

Wer Erfahrung mit Lehm hat, ist dabei im Vorteil. So können durch die Zugabe von Stroh, Hobelspänen, Holzhäcksel oder Hanffasern die Eigenschaften des Lehms je nach Mischungsverhältnis beeinflusst werden, was zum Beispiel den Grad der Wasserempfindlichkeit, der Druckfestigkeit oder der Wärmedämmung betrifft. Erfolgreiche Absolventen können die Fortbildung in die Handwerksrolle eintragen lassen und sich so als Gesellen selbstständig machen. „In den letzten Jahren haben wir immer mehr Architekten als Teilnehmer“, sagt Constanze Küsel von der Handwerkskammer Koblenz.

Auch die Propstei Johannesberg, eine gemeinnützige GmbH in Fulda, bietet fünfmonatige Zertifikatslehrgänge für Handwerksmeister*innen, Restaurator*in im Maurerhandwerk beziehungsweise Zimmerer-Handwerk und für Handwerksgesellen*innen, Maurer*in beziehungsweise Zimmerer*in für Restaurierungsarbeiten an, bei denen es unter anderem um Schadensanalysen und Sanierungskonzepte sowie um Lehmbautechniken geht. „Von Maurern und Zimmerern haben wir derzeit kaum Anfragen, immer mehr Kurse fallen aus“, sagt Geschäftsführer Dieter Gärtner. Handwerker hätten halt viel zu tun. „Es fehlt die Notwendigkeit zur Qualifizierung, die ja zudem Geld und Zeit kostet.“

Neben den Anbietern aus Koblenz und Fulda haben sich sieben weitere Bildungszentren, die eine Qualifizierung zum Restaurator im Handwerk anbieten, zur Arbeitsgemeinschaft der Fortbildungszentren für handwerkliche Denkmalpflege zusammengeschlossen (www.arge-handwerkdenkmalpflege). Im Norden hat die Arge keine Mitglieder. Wer sich hier im Lehmbau bilden will, kann dies bei der Bildungswerkstatt für nachhaltige Entwicklung in Verden tun, die den einwöchigen Kurs „Einführung in den Lehmbau“ anbietet. Dazu gehört die Herstellung von handgefertigten Lehmsteinen, das Füllen von Gefachen mit Leichtlehm, das Mauern von Gewölben, das Stampfen von Lehmwänden sowie das Verputzen von Lehmoberflächen (www.biwena.de).

Die Europäische Bildungsstätte für Lehmbau im mecklenburgischen Ganzlin bietet unter anderem einen 200-stündigen Lehrgang „Gestalter*in für Lehm­putze“ an. Zum Programm gehören ebenso dreitägige Einführungskurse, die einwöchigen Baustellenkurse „Lehm­putz aufbringen“ und „Farbige Lehmputze“ sowie Ferien-Lehm-Werkstätten für Kinder (www.earthbuilding.eu).

Ganz in der Nähe befindet sich das Lehmmuseum Gnevsdorf. Lehmbau wird auch an einigen Universitäten und Hochschulen im Rahmen der Architektur- und Ingenieurausbildung gelehrt, aufgeführt unter www.uni-terra.org.

Wer einen Lehmbaufachbetrieb sucht, sollte frühzeitig Kontakt aufnehmen, zum Beispiel beim Dachverband Lehm (www.dachverband-lehm.de). Nicht nur bei Holz- und Lehmbau Kunze beträgt die Wartezeit für die Ausführung eines Auftrags aktuell ein halbes Jahr.

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