Dürre und Brände in Kalifornien: Apps können sie, Wasser nicht
Der Klimawandel trifft auch die Milliardäre der Tech- und Traumfabrik. Doch statt in Lösungen investiert man lieber in neue Paläste. Nur wo?
T homas Gottschalk hatte einen deutschen Traum verwirklicht. In die Staaten wechseln, an einen Ort, wo Schöne und Reiche wohnen, in eine riesige Villa im Park, der Strand um die Ecke. Vorbei. Malibu ist zu großen Teilen in Flammen aufgegangen. Auch seine Nachbarin, Miley Cyrus, hat laut focus online ihr Haus verloren. Die Nachricht ist mit einer Verkaufsplattform verlinkt, die ihr neuestes Album feilbietet, immerhin. Kim Kardashian ist bisher verschont geblieben und schickt einen öffentlichen Stoßseufzer zum Himmel. „Ich bete nur, dass der Wind günstig steht.“
Malibu liegt im High-Tech-Land Kalifornien, das unter einer katastrophalen Dürre leidet. Dem Land des Elon Musk, der Autos in den Weltraum schießen lässt; das Land Zuckerbergs, der private Verständigung zwischen Milliarden Menschen in seine Netzwerke lenkt; das eines Ray Kurzweil, der dem Gehirn ein ewiges Leben verschaffen möchte und das Peter Thiels, der durch politische Spenden dazu beitragen will, dass Milliardäre keine Steuern zahlen und die kränkelnde amerikanische Kohleindustrie überlebt. Das Land von Menschen, die Übermenschliches leisten.
Sie können Daten, sie können Milliarden. Wasser können sie nicht. Malibu liegt am Strand, nicht an irgend einem, sondern dort, wo „Baywatch“ gedreht wurde, die Serie über Körper, Sex und die Rettung von Ertrinkenden mit 243 Folgen. Auf vertrocknende Wälder aufzupassen, ist weniger sexy. Wo es jahrelang nicht regnet, wird jeder Busch zur potentiellen Brandfackel, die Flammen springen von Baum zu Baum. Aktuell treibt der Wind in Kalifornien drei Feuerwalzen vor sich her. Mehr als 30 Menschen sind in den Flammen umgekommen, Hunderttausende wurden evakuiert, über 6.000 Häuser sind zerstört. In den Nachrichtenagenturen spielen trotzdem die Superheldinnen und oder Geniedarsteller aus Hollywood die Hauptrolle. Es geht ihnen, wie es uns allen gehen würde, wie es Menschen schon vor Jahrzehntausenden gegangen ist.
Filme handeln von Individuen, sie bieten ihren Protagonisten überraschende Lösungen für komplizierte Probleme. In Malibu geht es um die Rahmenbedingungen für all diese Aktionen – um die ökologische Nische, in der menschliches Leben möglich ist. Die wird, an vielen Orten zugleich, durch kollektive Aktivitäten von Milliarden Menschen, zerstört. Es geht um Klimagase, die man nicht sehen kann. Und um Konsequenzen, die ebenso kollektiv gezogen werden müssten. In Hollywood keine gute Story.
Es werden also neue Paläste gebaut werden, am Geld fehlt es ja nicht, die Frage ist nur wo. Der Medientheoretiker Douglas Rushkoff hat vor ein paar Monaten in der Süddeutschen Zeitung von einer Begegnung mit Hedgefonds-Millardären berichtet. Zu seinem Erstaunen dachten diese Machthaber des Finanzsystems nicht über ihren Beitrag zur Vermeidung des Klimawandels nach, sondern ausschließlich über ihre persönlichen Fluchtmöglichkeiten, wenn die Apokalypse da ist.
Wohin, wenn Hitze, Wassermangel und Brände nicht nur Kalifornien unbewohnbar machen, sondern auch die Traumorte im europäischen Süden? Einfach Richtung Norden? Vom Starnberger See an die Ostsee, von Pisa in der Toskana nach Prora in Vorpommern? An der Cote d’Azur hat es in diesem Sommer geregnet, in Brandenburg nicht. Schwierige Fragen. Wo ist es schön? Wo ist es sicher? Wo wohnen die anderen? Die Grünen haben auf ihrem Parteitag einen „Klimapass“ für Leute gefordert, die durch den steigenden Meeresspiegel bedroht sind. Den werden die Bewohner von Malibu nicht brauchen, sie gehören zu dem (kleineren) Teil der Menschheit, der über Reisefreiheit verfügt. Leid tun sie uns trotzdem.
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