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Persönlicher Kohleausstieg

Bei ethisch-ökologischen Banken fließen keine Gelder in Kohle- oder Atomstrom, Rüstung oder andere zwielichtige Geschäfte, dafür in erneuerbare Energien und soziale Projekte

Von Kristina Simons

Wer mit dem Kohleausstieg nicht auf die Politik warten will, kann persönlich sofort damit anfangen: nicht nur durch den Bezug von echtem Ökostrom, sondern auch durch den Wechsel zu einer nachhaltigen Bank. Organisationen wie Facing Finance und Urgewald decken regelmäßig auf, wie internationale Großbanken klimaschädliche Energieträger wie Kohle und Erdöl oder auch Atomkraft finanzieren, sich an umweltschädlichen Projekten beteiligen, die Rüstungsindustrie unterstützen oder Unternehmen, die Arbeits- und Menschenrechte verletzen oder Kinderarbeit dulden. Kunden solcher Banken und Sparkassen müssen damit rechnen, dass auch ihre Einlagen dafür herhalten. „Wird das Gesparte nicht ausdrücklich in ethisch-ökologische Finanzprodukte oder bei einer Bank mit Nachhaltigkeitsstandards angelegt, müssen Anleger damit rechnen, dass ihr Geld in solche kontroversen Branchen und Bereiche investiert wird“, sagt Ulrike Brendel von der Verbraucherzentrale Bremen. Brendel leitet hier das bundesweite Projekt Gut fürs Geld, gut fürs Klima, das über nachhaltige Geldanlagen und Altersvorsorge informiert.

Energiewende im Portfolio

Ethisch-ökologische Banken schließen nicht nur derartige Investitionen aus. Sie fördern auch gezielt besonders umweltfreundliche und soziale Geschäftsfelder. Sie vergeben Kredite an kleine Energiewendeprojekte, Naturkindergärten, Baugruppen oder soziale Start-ups, die bei einer konventionellen Bank kaum eine Chance auf Finanzierung hätten. In Positivkriterien legen sie fest, welche sozialen und ökologischen Mindeststandards ihre Geschäftspartner erfüllen müssen. „Dabei geht es um Themen wie Gleichberechtigung der Geschlechter, gute Arbeitsbedingungen, Umweltschutz im Unternehmen und die Verhinderung von Korruption und Steuervermeidung – alles Themen, die bei jeder Investition eine Rolle spielen sollten“, sagt Sarah Guhr, Projektkoordinatorin bei Facing Finance. „Zusätzlich sind ethisch-ökologische Banken deutlich transparenter als herkömmliche, sodass die Kunden nachvollziehen können, was eigentlich mit dem Geld passiert, das auf ihrem Konto liegt.“

Von den insgesamt 1.888 Banken in Deutschland gibt es aktuell sechs ethisch-ökologische Institute: die Ethikbank, die Evenord-Bank, die GLS Bank, die Procredit Bank, die Triodos Bank und die Umweltbank. Procredit und Umweltbank bieten allerdings im Unterschied zu den anderen kein Girokonto an. Auch in ihrer konkreten Ausrichtung und Schwerpunktsetzung unterscheiden sich die Banken. Einen guten Überblick über die jeweiligen Ausschluss- und Anlagekriterien bietet die Verbraucherzentrale Bremen Zusätzlich gibt es acht kirchliche Finanzinstitute, unter ihnen allerdings auch solche, für die Investitionen in Atomenergie, Erdöl- und Kohleförderung oder industrielle Tierhaltung nicht ausdrücklich außer Frage stehen.

Messe: Gut angelegt

Interessierte, die sich über Geldanlagen mit ökologischen oder sozialen Standards informieren wollen, sollten im April 2019 bei der Messe „Grünes Geld“ in Stuttgart vorbeischauen. Dort präsentieren nationale und internationale Unternehmen aus allen Bereichen der Branche ihre Angebote. Im Rahmenprogramm der Messe gibt es zahlreiche Vorträge und Diskussionen, unter anderem zum Thema Crowd-Investments. Dabei beteiligen sich viele Anleger mit kleineren Beträgen an Start-ups, die nachhaltige Geschäftsideen verfolgen. Auch auf Mikrofinanzfonds soll ein Blick geworfen werden. Damit können Anleger dazu beitragen, dass junge Unternehmer in Schwellenländern Hilfe zur Selbsthilfe erhalten. „Grünes Geld“ findet wieder im Rahmen der Finanzmesse „Invest“ statt.

Die Messe findet am 5. und 6. April 2019 jeweils von 9.00 bis 18.00 Uhr in der Messe Stuttgart (Messepiazza, Eingang Ost) statt. Sechs Wochen vor Messebeginn gibt es die Möglichkeit, über die Webseite kostenlose Eintrittskarten zu beziehen.

www.gruenes-geld.de/stuttgart/2019/gr.html

Obwohl ethisch-ökologische Banken derzeit noch ein Nischenmarkt sind, wachsen sie im Vergleich stärker als herkömmliche Geldinstitute: Nach Informationen von Facing Finance ist der Anteil an Einlagen bei ihnen zwischen 2012 und 2016 um 11,7 Prozent gestiegen, bei herkömmlichen Finanzinstituten hingegen nur um 4,5 Prozent. „Das zeigt, dass es Verbrauchern immer wichtiger ist, was Banken mit dem Geld ihrer Kunden machen“, sagt Guhr. Tatsächlich bestätigen sämtliche ethisch-ökologische Banken, dass sie seit der Finanzkrise ab 2008 und verstärkt auch seit der Reaktorkatastrophe von Fukushima 2011 einen deutlichen Zuwachs an Kunden verzeichnen und diese sich sehr genau nach ihren Nachhaltigkeitsstandards erkundigen. „Da diese Banken viel stärker in der Finanzierung der Realwirtschaft aktiv sind, hat sich im Zuge der letzten Finanzkrise auch gezeigt, dass sie deutlich weniger krisenanfällig sind und trotzdem stabile Erträge erwirtschaften“, so Guhr. „Alle ethisch-ökologischen Banken schließen spekulative Investitionen aus, dadurch gefährden sie nicht wie manch andere Bank die Stabilität des Finanzmarktes und damit der Weltwirtschaft.“ Herkömmliche Banken investierten dagegen stark in Finanzinstrumente wie Derivate, hinter denen sich kein tatsächlicher realwirtschaftlicher Wert verberge. Diese Investitionen seien zwar ertragreicher, aber auch deutlich riskanter.

„Den ethisch-ökologischen Banken kommt eine wichtige Vorreiterrolle zu“, sagt Ulrike Brendel. „Sie haben dafür gesorgt, dass es überhaupt das Konzept einer nachhaltigen Geldanlage gibt und es sich als Geschäftsfeld (inzwischen auch im Mainstream) entwickelt hat.“ Für einen breiten gesellschaftlichen Wandel müsse die ethisch-ökologische Geldanlage jedoch raus aus der Nische und im Mainstream verankert werden. „Hier tut sich bisher in Deutschland leider immer noch zu wenig.“ Die monatlichen Girokonto-Gebühren der alternativen Banken reichen von 4,50 bis 8,80 Euro, sie sind also kein Schnäppchen. Doch inzwischen langen auch die meisten konventionellen Finanzinstitute bei den Gebühren kräftig zu. Die Bankkosten sind also kein Argument mehr, auf den eigenen Kohleausstieg zu verzichten.

Verbraucherzentrale Bremen: www.geld-bewegt.de

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