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Cannabis-Bier liegt jetzt voll im Trend

Einige Bio-Bauern haben Craft-Bier mit Hanf für sich entdeckt. Das ist legal, solange der THC-Gehalt nicht die strengen Grenzwerte übersteigt. Der neue Markt lässt viele neue Mini-Brauereien entstehen

Auf der Insel Usedom braut der Klein-Brauer Jan Fidora seit kurzem ein Bier mit Hanf, das er werbewirksam „Mellenthiner Cannabis“ nennt. Das Getränk bringe eine neue Note ins Sortiment, habe einen besonders blumig-grasigen Geschmack. Die 1000 Liter, die er im Herbst braute, waren nach drei Wochen nahezu verkauft. 2019 werde er die Produktion verdreifachen, kündigte Fidora an. Als Wegbereiter für die umstrittene Legalisierung von Cannabis sieht sich der Brauer aber nicht. Drogen stehe er kritisch gegenüber, sagt der Hotelier und Brauer.

Mit Hanf-Bier steht Fidora nicht allein da. Mit dem Trend zum Craft-Bier sind Gerstensäfte mit Ingwer, Zimt oder anderen exotischen Gewürzen im Supermarkt angekommen. Brauer haben Cannabis als Zutat für ihr Gebräu entdeckt. Sie nennen es „Cannabis Club Sud“ oder Münsterländer Hanf. Darüber, wie viele Brauer inzwischen Hanf als Rohstoff verwenden, gibt es keine Zahlen.

Seit Hanf aber in Deutschland in rauschmittelarmen Sorten wieder als industrielle Nutzpflanze angebaut werden darf, werden deren Bestandteile auch zunehmend zur Herstellung von Lebensmitteln eingesetzt, konstatiert das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin. Die Palette reicht von Hanfsamen und Öl über Back- und Süßwaren, Wurst, Tees bis Bier.

Der Gehalt des Tetrahydrocannabinols (THC), das bei Kiffern die berauschende Wirkung auslöst, darf bei Nutzhanf den Wert von 0,2 Prozent nicht übersteigen. In Lebensmitteln ist der THC-Wert noch strenger reglementiert: Die Grenzwerte für Getränke sollen laut BfR fünf Mikrogramm, für Speiseöle 5000 Mikrogramm und in anderen Produkten 150 Mikrogramm je Kilogramm nicht überschreiten.

Hanf profitiert vom Trend zum Craft-Bier mit experimentellen Rohstoffen. Zudem sorgt die Debatte um die umstrittene Legalisierung von Cannabis für werbewirksamen Gesprächsstoff. Zwischen Hanf- und Cannabis-Bieren gibt es keinen Unterschied. Doch Cannabis klingt zwielichtig-sexy, Hanf nach Bio.

„Cannabis hat natürlich eine Eyecatcher-Funktion“, sagt ­Urban Winkler, Vertriebschef der Klosterbrauerei Weissenohe in Bayern, die seit 2001 das Biermischgetränk „Cannabis Club Sud“ produziert. Ein Vater finde es cool, für seinen Sohn zum 18. Geburtstag ein „Cannabis Sud“ mit einem Hanfblatt auf dem Etikett zu kaufen.

Immer mehr Brauer bringen neue Bierkreationen auf den Markt, die nicht mehr dem 502 Jahre alten Reinheitsgebot folgen. Die Zahl der Brauereien steigt nach Zahlen des Deutschen Brauer-Bunds und das bei sinkendem Bierabsatz. Seit 2009 kamen 161 Produktionsstätten hinzu, zeitgleich sank der Bierabsatz von 100 Millionen Hektoliter (2009) auf rund 93,5 Millionen (2017).

„Die derzeitige Gründungswelle von Kleinbrauereien ist in erster Linie auf den Trend zu Craft-Bieren zurückzu­führen“, sagt Hauptgeschäfts­führer ­Holger Eichele. Dennoch ist der Marktanteil von 0,5 Prozent mit 7,8 Millionen Litern gering. (dpa)

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