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Referendum scheitert – alle feiern sich als Sieger

91 Prozent der Beteiligten stimmten für die Namensänderung für Mazedonien. Doch bei nur rund 37 Prozent Beteiligung ist die Abstimmung eigentlich ungültig

In Skopje tanzten Gegner des Referendums nach der Verkündung des Ergebnisses auf der Straße Foto: Thanassis Stavrakis/dpa

Von Andrej Ivanji, Belgrad

Das Referendum am Sonntag hätte ein Durchbruch sein sollen. Die Bürger waren aufgerufen, über das Abkommen mit Griechenland für die Änderung des Staatsnamens in „Republik Nord-Mazedonien“ zu stimmen, welches Mazedonien die Tür für Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union und die Mitgliedschaft in der Nato öffnen sollte. Der sozialdemokratische Ministerpräsident Zoran Zaev hoffte auf eine überwältigende Mehrheit der Ja-Stimmen.

Aber dazu kam es nicht. Zwar stimmten bei dem Referendum mehr als 91 Prozent der Wahlbeteiligten für das Abkommen, doch die überwältigende Mehrheit entschied sich für den Boykott des Volksbegehrens – die Wahlbeteiligung lag bei nur rund 37 Prozent. Für ein gültiges Referendum wäre mehr als die Hälfte notwendig gewesen. Sowohl die Regierung als auch die oppositionelle Partei VMRO DPMNE, die sich gegen das Abkommen mit Athen stemmte, verkündeten den Sieg.

Die Abstimmung sollte den fast drei Jahrzehnte langen Konflikt mit Griechenland beenden. Athen hatte wegen seiner gleichnamigen Provinz im Norden des Landes eine Änderung des Staatsnamens Mazedoniens verlangt. Nach einem zwischen den Staaten geschlossenen Abkommen soll der in Zukunft Nord-Mazedonien heißen. Griechenland will im Gegenzug seine Blockade einer Annäherung Mazedoniens an Nato und EU aufgeben.

Ministerpräsident Zaev sprach nun von einer „überzeugenden“ Mehrheit für das „historische Abkommen“, forderte die Opposition auf, sich dem „Volkswillen“ zu beugen und drohte mit Neuwahlen, falls sie das nicht tun sollte. Die Koalitionsregierung verfügt über 69 von 120 Mandaten im Parlament, für die Ratifizierung des Abkommens mit Athen braucht sie laut Verfassung eine Zweidrittel-Mehrheit, also die Unterstützung von mindestens elf oppositionellen Abgeordneten.

Die VMRO DPMNE zeigte sich aber in der Nacht nach dem Referendum kein bisschen kooperationsbereit. Das Abkommen mit Griechenland habe „kein grünes Licht bekommen“, die Regierung Zaev sei „delegitimiert“, rief Oppositionsführer Hristijan Mickoski vor seinen Anhängern im Zentrum von Skopje, die ein „Scheitern“ des Referendums feierten. Im Verzicht auf den Staatsnamen „Republik Mazedonien“ sieht die VMRO DPMNE eine „Kapitulation“, einen „historischen Selbstmord“.

In Skopje spricht man aber auch von einem Debakel des Westens. Obwohl es bei dem Referendum formal um das Abkommen mit Athen über die Änderung des Staatsnamens der „Republik Mazedonien“ ging, war es praktisch eine Abstimmung für die Mitgliedschaft in der EU und der Nato. Die Referendumsfrage hätte nicht eindeutiger formuliert werden können: „Sind Sie für die Mitgliedschaft in der EU und der Nato unter der Berücksichtigung des Abkommens zwischen der Republik Mazedonien und der Republik Griechenland?“ Vergebens.

Entweder sind nach dem Referendumsergebnis zwei Drittel der wahlberechtigten Bürger nicht dafür – oder sie glauben nicht mehr an die ewigen Versprechen aus Brüssel über die „EU-Perspektive“ des Landes. Zumindest reichte der Glaube an den Westen nicht aus, um sie am vergangenen Sonntag in großer Zahl zum Urnengang zu bewegen.

Die Regierung Zaev sei „delegitimiert“, rief Oppositionsführer Hristijan Mickoski

Premier Zoran Zaev kann bei den schwierigen Verhandlungen mit oppositionellen Abgeordneten auf gewaltigen Druck der EU und der Nato auf die Gegner des „historischen Abkommens“ hoffen. So forderte die EU-Kommission in Brüssel das Parlament in Skopje zum Handeln auf.

Ein Argument in den Gesprächen wird sein, dass die Wahllisten völlig veraltet sind, dass es statt den angegebenen 1,8 Millionen Wahlberechtigten angeblich tatsächlich nur 1,5 Millionen gibt, dass also de facto die Wahlbeteiligung größer gewesen sei. Dass die Listen nicht korrekt sind, zeigte sich am Sonntag: So konnten etwa der Parlamentspräsident Talat Xaferi und der ehemalige Staats- und Ministerpräsident Branko Crvenkovski gar nicht abstimmen – weil sie nicht in Wahllisten eingetragen sind.

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