: Auch der Weg ist das Ziel
Konsum von Waren aus dem globalen Süden verursacht Emissionen. Zeit, zu handeln
Während man sich bei Produzenten und Fairhändlern viel einfallen lässt, um sich vor dem Klimawandel zu wappnen, steht der Transport der fairen Ware noch nicht im Vordergrund. Ebenso wie konventionelle Betriebe sind Unternehmen des fairen Handels auf Schiffe, Flugzeuge und Lastwagen angewiesen, um Waren von Süd nach Nord zu bringen. Das macht es kompliziert: Sind nicht wir im industrialisierten Norden für den Großteil der Emissionen verantwortlich? Führt Konsum von Waren aus dem globalen Süden nicht zu mehr Emissionen, die denen das Leben schwer machen, die der faire Handel unterstützt? Und handelt es sich bei Schokolade, Kaffee und Bananen nicht ohnehin um Luxusprodukte?
Immerhin: Mit CO2-Zertifikaten kompensieren Firmen wie DHL Deutsche Post, der Honigimporteur Breitsamer & Ulrich oder die Kosmetikmarke FairSquared ihre Emissionen. Mit den Geldern werden ein Biogasprojekt in Indien, energiesparende Brennöfen in Lesotho und ein Aufforstungsprojekt in Nordperu finanziert. Seit der Einführung des Standards konnten in Deutschland so rund 30.000 Tonnen CO2 kompensiert werden.
Die Transportfrage steht bei vielen Fair-Handels- und Siegelorganisationen bislang aber noch nicht ganz oben auf der Agenda. Man beobachtet die Entwicklung, engagiert sich aber noch wenig bis gar nicht. Das sollte sich möglichst bald ändern, meint Klaus Kruse, Vorstand der Fairhandelsorganisation Ethiquable: „Im fairen Handel erzeugt das Bewegen von Waren über große Distanzen hohe Emissionen.“
Die Alternativen heißen Fair Transport, Teikei oder Timbercoast. Mit alten Segelschiffen wie der „Avontuur“, „Tres Hombres“ oder „Nordlys“ bringen sie Rum, Kaffee und Kakaobohnen aus der Karibik und Lateinamerika weitestgehend emissionslos nach Europa. Das dauert statt drei bis vier Wochen drei bis vier Monate – Zwischenstopps inklusive. Jens Klein, Gründer der Genossenschaft Café Chavalo, hat zwei Tonnen seines fair gehandelten Biokaffees aus Boaco in Nicaragua mit dem Segelschiff „Avontuur“ nach Leipzig bringen lassen – Luftlinie 9.478 Kilometer. „Bei der Verschiffung per Frachtsegler wurden rund 90 Prozent weniger CO2 freigesetzt als beim konventionellen Transport“, erzählt er. „Mit Lastenfahrrädern wurden die Säcke umweltfreundlich zum Zwischenlager in Hamburg befördert, und mithilfe von CO2-Zertifikaten haben wir die danach entstehenden Emissionen für den Weitertransport sowie die Weiterverarbeitung in Deutschland ausgeglichen.“
Außer der langen Transportdauer hat die Sache einen weiteren Haken: die hohen Transportkosten. Der Kilopreis für den Segelkaffee von Café Chavalo liegt um 7 Euro höher als bei vergleichbarer Ware. Um auch rentabel wirtschaften zu können, sollten laut Ethiquable-Chef Kruse Großprojekte angedacht werden, um den globalen Warenverkehr möglichst emissionslos zu gestalten, „und zwar mit modernen Containerschiffen, die mit Wind und anderen Alternativen bewegt werden“.
Genau betrachtet ist die Warenbewegung per Segelschiff nicht zu teuer. Der Transport mit Kerosin fressenden Flugzeugen, Schweröl verbrennenden Superfrachtern oder Diesel schluckenden Lastern ist zu billig. Negative Auswirkungen auf Mensch, Natur und Klima werden der Allgemeinheit aufgebürdet. Das sollte sich schnell ändern. Jetzt braucht es mutige Investoren und gute Crowdfunding-Kampagnen. Frank Herrmann
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