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Die Wahlschlacht in der EU ist eröffnet

Sozialdemokraten und Grüne benennen mögliche Kandidaten für den Europawahlkampf. Derweil haben Nationalisten und Rechtspopulisten längst Übernahmepläne geschmiedet

Dieser gutgelaunte Mann will Spitzenkandidat für die Sozialdemokraten im EU-Parlament werden: Maroš Šefčovič. Ob das so bleibt mit der guten Stimmung? Foto: Eric Vidal/reuters

Aus Brüssel Eric Bonse

In den Wahlkampf um die Nachfolge von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ist Bewegung gekommen. Zwei Wochen nach der Bewerbung des CSU-Europaabgeordneten Manfred Weber hat am Montag in Brüssel der slowakische EU-Kommissar Maroš Šefčovič angekündigt, nach dem Spitzenamt zu streben. Er will für die Sozialdemokraten antreten.

Auch die Grünen stiegen in das Rennen um die Juncker-Nachfolge ein. Sie haben gleich vier Bewerber nominiert: Petra De Sutter aus Belgien und Atanas Schmidt aus Bulgarien sowie die beiden Europaabgeordneten Bas Eickhout aus den Niederlanden und Ska Keller aus Deutschland. Keller war bereits 2014 angetreten.

Alle Bewerber müssen sich noch parteiinternen Abstimmungen stellen, bevor sie als Spitzenkandidaten in den Europawahlkampf ziehen können. Mit Entscheidungen wird erst bei den Parteitagen im November (EVP und Grüne) beziehungsweise Dezember (Sozialdemokraten) gerechnet. Erst danach soll die heiße Phase des Wahlkampfs beginnen.

Doch im Vergleich zur letzten Europawahl 2014 ist die Stimmung schon jetzt aufgeheizt. „Populisten, Anti-Europäer und Ausländerfeinde beuten die Ängste der Bürger aus“, klagte Šefčovič, der derzeit als Vizepräsident der EU-Kommission in Brüssel tätig ist und die Energieunion betreut. „Progressive Werte sind unter Druck geraten“, sagte er bei seiner Bewerbungsrede.

Wie hoch der Druck im Kessel ist, hatte ein verbaler Schlagabtausch zwischen Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn und Italiens rechtspopulistischem Innenminister Matteo Salvini um die Flüchtlingspolitik am Wochenende in Wien gezeigt. Salvini machte verächtliche Bemerkungen über Migranten in Italien und griff Asselborn an.

„Merde alors“ (sinngemäß: „Jetzt reicht’s“) konterte der Sozialdemokrat aus Luxemburg. Salvini verwende ähnliche Methoden wie die „Faschisten der 30er Jahre“, so Asselborn. Seitdem liegen die Nerven blank. Der Streit könnte den EU-Sondergipfel zur Migration am Mittwoch in Salzburg überschatten, fürchten Diplomaten. Ein Eklat sei nicht ausgeschlossen.

Denn während sich die etablierten Parteien um eine sachliche Auseinandersetzung bemühen, setzen Salvini und die Rechtspopulisten auf Krawall. Ende August war Salvini eine Art Wahlbündnis mit Ungarns rechtslastigem Ministerpräsidenten Viktor Orbán eingegangen. Zum Hauptgegner haben sie Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und die Anhänger einer offenen und liberalen EU erklärt.

„Populisten beuten die Ängste der Bürger aus“

Vizekommissionspräsident Maroš Šefčovič

„Bei der Wahl nächstes Jahr werden wir Europa völlig verändern und die Sozialisten von der europäischen Regierung vertreiben“, erklärte Salvini vor drei Tagen bei einem Besuch bei Österreichs Vizekanzler Heinz-Christian Strache von der rechts-populistischen FPÖ.

Bisher stützen sich Juncker und die EU-Kommission auf ein informelles Bündnis von Konservativen und Sozialdemokraten im Europaparlament. Sollten die Rechtspopulisten und Nationalisten bei der Europawahl im Mai 2019 zulegen, könnte es jedoch nicht mehr für eine Mehrheit der beiden großen Parteien reichen.

Die größten Sorgen müssen sich derzeit die Sozialdemokraten machen. In Griechenland, Frankreich und Italien sind sie schon fast von der Bildfläche verschwunden. Ob Šefčovič der richtige Kandidat ist? Der Fraktionschef der Sozialdemokraten im EU-Parlament, Udo Bullmann, wollte dessen Bewerbung zunächst nicht kommentieren. Man rechne noch mit weiteren, aussichtsreicheren Kandidaten, hieß es hinter vorgehaltener Hand.

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