Übergriffs-Vorwurf gegen US-Richter: Trumps Kandidat unter Druck

Eine Professorin wirft Trumps Kandidaten für das Oberste Gericht versuchte Vergewaltigung vor. Brett Kavanaugh bestreitet den Vorwurf.

Mann blickt von einem Pult nach vorn

Brett Kavanaugh bei seiner Anhörung vor dem Justizausschuss am 6.September Foto: reuters

BERLIN taz | Ganz bestimmt hatte sich Christine Blasey Ford niemals vorgestellt, ausgerechnet mit diesem Thema eines Tages Schlagzeilen zu machen. Die 51-jährige Professorin der klinischen Psychologie an der Palo Alto University in Kalifornien hat mehrere Bücher und rund 50 vielbeachtete Texte in akademischen Zeitschriften veröffentlicht.

Aber bekannt ist sie erst jetzt: Sie ist die Frau, die dem von US-Präsident Donald Trump als Oberstem Richter nominierten Brett Kavanaugh vorwirft, er habe sie 1982 zu vergewaltigen versucht.

Bereits im Juli hatte sie sich mit einem Brief an Senatorin Diane Feinstein gewandt, die als ranghöchste Demokratin im Justizausschuss des Senats sitzt. Erst Ende vergangener Woche wurde der Vorwurf öffentlich bekannt.

Wie genau es kam, dass JournalistInnen den Namen von Blasey Ford erfuhren, ist noch unklar: Sicher ist wohl, dass sie der Washington Post ein Interview gab, um die Initiative in der Hand zu behalten. Dort schildert sie die Ereignisse jenes Abends im Jahr 1982 in Montgomery County in Maryland, wo sie und Kavanaugh zur Prepschool gingen, als Vorbereitung auf die Hochschule.

Aufs Bett gedrückt, Mund zugehalten

Ein sturzbetrunkener junger Kavanaugh habe sie bei einer Privatparty auf ein Bett gedrückt, ihr den Mund zugehalten und versucht, ihr die Kleider herunterzureißen. „Ich dachte, er würde mich womöglich aus Versehen umbringen“, sagt sie. Ein ebenfalls betrunkener Freund Kavanaughs habe ihn von ihr heruntergezogen. Sie habe sich zunächst in einem Badezimmer eingeschlossen und sei schließlich aus dem Haus geflohen.

Erst 2012, im Rahmen einer Paartherapie mit ihrem Ehemann, habe sie erstmals jemandem von dem Vorfall erzählt, unter dessen Folgen sie lange gelitten hatte. Notizen des Therapeuten sind ebenfalls in der Post veröffentlicht. Darin fällt Kavanaughs Name nicht, die Täter werden nur als „hochangesehene und hochrangige Mitglieder der Washingtoner Gesellschaft“ beschrieben.

Sowohl Kavanaugh als auch der Freund bestreiten den Vorwurf entschieden. Im Justizausschuss allerdings, besetzt mit elf Republikanern und zehn Demokraten, sorgt er für Aufregung. Eigentlich ist die Anhörung des Kandidaten dort abgeschlossen, an diesem Donnerstag sollte abgestimmt werden. Im Falle der Zustimmung ginge der Vorschlag ans Senatsplenum. Dort sind die Republikaner auch in der Mehrheit .

Warum erst jetzt?

Jetzt wollen die Demokraten im Ausschuss die Entscheidung verschieben, mindestens ein Republikanischer Senator scheint da mitzugehen – das würde reichen.

Warum hat Senatorin Feinstein den Vorwurf nicht schon viel früher öffentlich gemacht? Sie selbst sagt, dass Blasey Ford aus Angst vor Reaktionen nicht wollte, dass der Vorwurf coram publico diskutiert wird. Andere meinen, Feinstein habe es für taktisch geschickter gehalten, Kavanaugh nicht aufgrund solcher Vorwürfe, sondern rein politisch zu attackieren.

Und wieder andere glauben, dass der Zeitpunkt so spät wie möglich gewählt wurde, um den Kandidaten zum Rückzug zu zwingen, aber bis zu den Kongresswahlen am 6. November nicht genug Zeit für einen neuen Kandidaten zu lassen. Sollten dann die Mehrheiten verändert sein, könnte doch ein Kippen des Obersten Gerichts nach rechts verhindert werden.

Trump hält sich zurück – noch

Was Christine Blasey Ford darüber denkt, kann man nur ahnen: Sie ist registrierte Demokratin. Auch Präsident Donald Trump, sonst nie um einen schnellen Twitter-Kommentar verlegen, hat sich zu den Vorwürfen gegen seinen Kandidaten noch nicht geäußert.

Ein einziges Mal, so scheint es, hält er sich an die Hinweise enger Berater. Die hatten ihn laut New York Times dringend davor gewarnt, irgendeine Stellungnahme abzugeben – sonst würden sofort das knappe Dutzend Vorwürfe sexueller Übergriffe gegen ihn selbst wieder hochkommen.

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