Torben Becker sichtet die sozialen Bewegungen der Stadt:
Angesichts der Ereignisse in Chemnitz ist es wichtig, sich diese Mehrheit zu vergegenwärtigen, denn: #wirsindmehr. Chemnitz ist nur ein Symptom unter vielen, das jedoch exemplarisch für eine tiefgreifende politische Schieflage gelesen werden kann. Ob der sich verstetigenden Zwänge und Unwägbarkeiten unserer Zeit sind Nationalismus, Rassismus, Sexismus, Homophobie etc. keine Antworten für unsere Gesellschaft. Deshalb ist es längst an der Zeit zu zeigen, dass „wir“ nicht nur mehr sind, sondern dass „wir“ auch überall aktiv und wachsam sind: #wirsindüberall.
Und das „überall“ wird in dieser Woche mit vielseitigen Aktionen betont: Am Sonntag, zum Gedenktag an die Opfer des Faschismus, rufen verschiedene Initiativen unter dem Motto „Kein Schlussstrich“ zur Demonstration vor dem Abgeordnetenhaus in Berlin auf. Noch heute morden Nazis. Diese Verbrechen müssen bedingungslos aufgeklärt werden. Mit der Entlehnung des Mottos aus den Kampagnen zum NSU-Prozess wird die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses gefordert. Davon versprechen sich die Initiativen Gerechtigkeit für die Opfer des NSU und deren Angehörigen (9. 9., Niederkirchnerstraße 5, 11 Uhr). Im Anschluss an die Kundgebung startet vor dem Abgeordnetenhaus ein antifaschistischer Fahrradkorso, auf welchem Stätten von Verfolgung und Widerstand besucht werden ( 9. 9., Niederkirchnerstraße 5, 12 Uhr).
Wie in den letzten Wochen findet am Montag beim Neptunbrunnen wieder die Seebrücken-Mahnwache #MSBerlin statt. Parallel zu den finsteren Ausschreitungen in Chemnitz ist es die Seebrücken-Bewegung, die ein leuchtendes Gegengewicht bildet. Menschen gehen für bedingungslose Solidarität auf die Straße (10. 9., Neptunbrunnen, 15.30 Uhr).
Am 22. 9. wollen wieder christliche Fundamentalist*innen mit weißen Kreuzen und rechten und antifeministischen Parolen durch Berlin marschieren. Wie das verhindert werden kann, wird am Mittwoch im Subversiv besprochen. Eine Referent*in vom what-the-fuck-Bündnis gibt einen Überblick über die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen durch die Paragrafen § 218 und § 219, über die Ideologie und Akteure der reaktionären „Lebensschutz-Bewegung“ und darüber, was das mit Behindertenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus zu tun hat. Abschließend gibt es aktuelle Infos zu den diesjährigen Protesten gegen den „Marsch für das Leben“ (12. 9., Subversiv, Brunnenstr. 7, 20 Uhr). Die Straßen bleiben also umkämpft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen