: Mit Zelten gegen Waffen
Gericht kippt Schlaf-verbot in Protestcamp
Wer demonstriert, darf auch schlafen. Das haben Kriegsgegner in der Lüneburger Heide in dieser Woche quasi per Gerichtsurteil quittiert bekommen. Bereits am Mittwoch hatten sie ihr Camp in Unterlüß im Kreis Celle aufgeschlagen. Dort betreibt der Konzern Rheinmetall ein rund 50 Quadratkilometer großes „Kompetenzzentrum“ zur Erforschung von Waffensystemen und anderen Rüstungsgütern. Der Protest läuft unter dem Motto „Rheinmetall entwaffnen“.
Das Camp besteht aus einem großen Zirkuszelt für Versammlungen, einem Küchenzelt und vielen Schlafzelten. Am Donnerstag und Freitag gab es im Camp erste Vorträge und Workshops – etwa zu den Themen Krieg und Klimawandel oder den gesundheitlichen Folgen der Rüstungsproduktion. Freitagmorgen entschleunigte eine Fahrrad-Demo den Berufsverkehr bei Rheinmetall. Höhepunkt der Proteste soll eine Demonstration am Sonntag sein, zu der fast 50 Initiativen und Organisationen aufgerufen haben.
Der Landkreis Celle als zuständige Versammlungsbehörde hatte im Vorfeld Auflagen für das Camp erteilt und unter anderem ein Übernachtungsverbot verfügt. Schlafzelte seien „nicht wesensimmanent zur demokratischen Meinungsbildung und somit auch nicht versammlungsspezifisch“, erklärte die Behörde. Die Camp-Organisatoren zogen vor das Verwaltungsgericht – und siegten dort nahezu auf ganzer Linie.
Die Richter kippten das Übernachtungsverbot und erlaubten auf dem Dorfplatz in Unterlüß den Aufbau von drei Mannschaftszelten und bis zu 30 Schlafzelten. Sie dürfen bis einschließlich Dienstag stehen bleiben. Der Aufenthalt in einem Zeltlager mangels anderweitiger Unterbringungsmöglichkeiten gehöre ebenso zum „geschützten Vorgang des Sichversammelns“ wie die Anreise, so das Gericht. Für auswärtige Demonstranten sei eine Teilnahme an den gesamten Aktionen nur bei rechtzeitiger Anreise und ortsnaher Unterkunft möglich.
Weitere Auflagen sind dem Gericht zufolge ebenfalls nicht rechtens – etwa das Verbot von Hunden und von Alkohol im Protestcamp. Es widersprach der Begründung des Landkreises, dass bei alkoholisierten Menschen die Schwelle zur Gewaltanwendung sinke. Es hätte nachgewiesen werden müssen, dass bei der Veranstaltung in erhöhtem Maße Alkohol konsumiert wird. Auch die Verfahrenskosten brummten die Richter dem Kreis auf. Reimar Paul
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