In Argentinien bleibt Abtreibung verboten

Der Senat stimmt gegen das Gesetz zur Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, das im Juni bereits knapp das Abgeordnetenhaus passiert hatte

Ein schwarzer Tag für die Befürworter der Gesetzesänderung Foto: Natacha Pisarenko/ap

Aus Buenos Aires Jürgen Vogt

In Argentinien ist die Lockerung des Abtreibungsverbots gescheitert. Am frühen Donnerstagmorgen votierte der Senat gegen das Gesetz für einen legalen, sicheren und kostenlosen Schwangerschaftsabbruch. Ablehnung und Zustimmung kamen aus allen Parteien: 38 SenatorInnen stimmten dagegen, 31 dafür, zwei gaben ihre Stimme nicht ab. Alle Versuche, mit Änderungen an der Vorlage ein positives Votum herbeizuführen, scheiterten. Im Juni hatte das Gesetz noch knapp das Abgeordnetenhaus passiert.

Vor dem Kongressgebäude jubelten die GegnerInnen mit Böllerschüssen, während sich unter den BefürworterInnen Enttäuschung breitmachte. Trotz winterkalten Regenwetters warteten Hunderttausende vor allem junge Frauen rund um den Kongress auf die Entscheidung. Schon am Mittwochmorgen waren viele gekommen. Die große Mehrzahl zeigte mit grünen Halstüchern Zustimmung. Weit weniger demonstrierten mit hellblauen Tüchern gegen das Gesetz. Später kam es zu Ausschreitungen zwischen frustrierten BefürworterInnen und der Polizei.

„Das Worst-Case-Szenario ist eingetreten“, kommentierte Claudia Anzorena, Mitgründerin der Kampagne für das Recht auf eine legale, sichere und kostenlose Abtreibung, das Votum. Doch habe sich gezeigt, dass die soziale Mobilisierung für eine straffreie Abtreibung in Argentinien groß sei. „Die Umsetzung ist nur eine Frage der Zeit“, sagte die 41-Jährige. Nach 15 Jahren Kampagne und sechs Versuchen war der Gesetzentwurf im März erstmals vom Kongress zur Debatte angenommen worden.

Vor allem die katholische Kirche hatte in den letzten Wochen ihren Druck auf Regierung und Senat verstärkt. Während die SenatorInnen im Kongress debattierten, wetterte der Erzbischof von Buenos Aires,Mario Poli, bei einer Messe in der Kathedrale der Hauptstadt gegen das Gesetz: „Es soll legitimiert werden, dass ein menschliches Wesen einen Mitmenschen auslöschen kann.“

Dagegen kam Unterstützung auch aus der Regierung des konservativen Präsidente Mauricio Macri. Dessen Gesundheitsminister Adolfo Rubinstein hatte sich als Befürworter des Gesetzes aus Gesundheitsgründen positioniert. „Weit mehr als die Ausweitung des Rechts [auf Abtreibung] geht es um ein Problem der öffentlichen Gesundheit. Die Konsequenzen der klandestinen Abtreibungen beeinträchtigen die Gesundheit der Frauen, die sich solchen unsicheren Praktiken aussetzen und die in den Krankenhäusern enden oder gar sterben.“

Nach Abgaben seines Ministeriums wurden 2014 über 47.000 Frauen nach Komplikationen bei klandestinen Abbrüchen in Krankenhäuser eingeliefert. Von den 246 Fällen von Muttersterblichkeit im Jahr 2016 sind 43 Folge von unsachgemäßen klandestinen Schwangerschaftsabbrüchen.

„Das Worst-Case-Szenario ist eingetreten“

Claudia Anzorena, Kampagne für das Recht auf Abtreibung

Doch statt dass künftig jede Frau während der ersten 14 Wochen der Schwangerschaft selbst über einen Abbruch entscheiden kann, bleibt er weiter nur in zwei Ausnahmefällen erlaubt: Wenn das Leben der Frau bedroht ist oder wenn die Schwangerschaft Folge einer Vergewaltigung ist. Jeder andere Abbruch kann mit bis zu vier Jahren Haft bestraft werden.

„Dass wir so weit gekommen sind, ist zweifellos ein Erfolg“, sagt Anzorena. 2019 stünden Wahlen an. „Der nächste Kongress nimmt Ende 2019 seine Arbeit auf und wird deutlich jünger sein, viele der alten Ablehner von heute scheiden aus.“ Dann könne das Gesetz abermals eingebracht werden, so Anzorena. In der Regierung wird schon darüber geredet, wie das Thema im Wahlkampf kleingehalten werden kann.

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