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Alte Nazisim linken Kiez

Rund 700 Nazis marschieren in Gedenken an Rudolf Heß durch Friedrichshain. Breites Bündnis verhindert die Demo in Spandau

Wenn das der Führer wüsste: Heß-Fan hat sich im Outfit vertan Foto: Björn Kietzmann

Von Frederik Eikmanns

Wo sind sie denn nun, die Neonazis? In Berlin-Spandau jedenfalls waren am Samstag kaum Rechtsradikale zu sehen. Dabei hatten sie eigentlich zur alljährlichen Großdemonstration dort aufgerufen, um Hitler-Vize Rudolf Heß zu gedenken, der sich am 17. Juli 1987 im alliierten Kriegsverbrechergefängnis Spandau umgebracht hatte.

Dieses Jahr aber wichen die Rechten überraschend in die Berliner Innenstadt aus. Einige hundert zogen mit Flaggen und Bannern durch Friedrichshain und Lichtenberg. Die Polizei gab an, es sei eine mittlere dreistellige Zahl von Rechtsradikalen unterwegs gewesen. Ihr einheitliches Outfit – weißes Hemd, schwarze Hose – sorgte dabei nicht für die vermutlich beabsichtigte Wirkung. „Guck mal, die ganzen Kellner“, kommentierte einer der GegendemonstrantInnen, die dafür sorgten, dass die Rechtsradikalen nicht ungestört marschieren konnten.

Zwischen 400 und 800 Menschen waren es laut Polizei, die an ihrer Vorliebe für rechtes Gedankengut keinen Zweifel ließen – vermutlich waren es um die 700. „Haut ab“, schallte es ihnen immer wieder entgegen. Außer gelegentlichen Pöbeleien war von den Nazis dagegen wenig zu hören. Immer wieder mussten sie stehen bleiben, weil die Route blockiert wurde.

Zu den Gegendemonstrationen hatte das Bündnis Berlin gegen Rechts aufgerufen, dem unter anderem die Grüne Jugend, die Linke und Verdi, aber auch Initiativen der Antifa angehören. Die OrganisatorInnen hatten eigentlich damit gerechnet, dass die Neonazis wie in den Vorjahren nach Spandau kommen würden, entsprechend sammelten sich die GegendemonstrantInnen zuerst dort. Als gegen Mittag allerdings klar wurde, dass die Rechtsradikalen nicht mehr auftauchen würden, machten sich viele der rund 2.000 linken DemonstrantInnen auf in die Innenstadt. Als die Demo gegen 14 Uhr in Friedrichshain begann, waren die Gegendemonstranten ebenfalls da. Die Lage wurde nun zunehmend unübersichtlich, immer wieder kam es zu Rangeleien zwischen GegendemonstrantInnen und der Berliner Polizei. Deren Sprecher Thilo Cablitz zog nach Ende der Demonstrationen gegen 19 Uhr dennoch ein verhalten positives Fazit. „Es blieb weitgehend friedlich“, sagte er am Samstagabend. Gelegentlich hätten linke DemonstrantInnen allerdings Steine und Flaschen auf Beamte und Neonazis geworfen. Laut Polizei wurden 6 Polizisten verletzt, 29 Menschen vorübergehend festgenommen und 45 Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Im Vergleich zum Vorjahr fiel vor allem die große Zahl von PolizistInnen auf

Im Vergleich zum Vorjahr fiel vor allem die Zahl der PolizistInnen auf, die dieses Mal im Einsatz waren. Laut Cablitz begleiteten rund 2.300 BeamtInnen die Demonstrationen – mehr als doppelt so viele wie 2017. Die hohe Zahl begründete die Polizei damit, dass diesmal eine größere Fläche gesichert werden musste.

Der Ortswechsel änderte indessen nichts daran, dass die Neonazis unfreiwillig an einem Spendenlauf teilnahmen, den die Initiative Berlin gegen Nazis organisiert hatte. Für jeden Nazi, der in Berlin unterwegs war, spendeten Partner wie etwa der Deutsche Gewerkschaftsbund eine vorher festgelegte Summe. Laut Projektkoordinator Ulf Baler kamen so 14.640 Euro zusammen. Das Geld geht an die Organisation Seawatch, die im Mittelmeer Geflüchtete rettet.

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