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Während des WM-FinalesPussy-Einsatz in Uniform

Im WM-Finale waren die russischen Polit-AktivistInnen von Pussy Riot als Flitzer*innen unterwegs. Gute Aktion, hätte früher kommen können.

Während andere Spieler verärgert bis aggressiv auf die Pussy-Riot-Aktivist*innen reagierten, behielt Mbappé sein Lächeln, wenn auch leicht gequält Foto: dpa

Rums. Rrrrrriot. Pussy Riot. Da ist sie wieder, die russische Punkband, die durch den Protest gegen Russlands Präsidenten bekannt geworden ist. Zwei Jahre lang hat man nichts von ihnen gehört. Aber jetzt haben vier KünstlerInnen der Gruppe das Endspiel der Fußballweltmeisterschaft 2018 genutzt, um auf die politische Bühne zurückzukehren.

Bekleidet mit Polizeiuniformen stürmten sie während der zweiten Halbzeit das Spielfeld, um, wie sie später bekannt gaben, das Ende „illegaler Festnahmen“ zu fordern. Und politisch Inhaftierte freizulassen.

Viele kroatische und französische Spieler auf dem Feld fanden die Pussy-Aktion nicht ganz so lustig. Verständlich, sie wollten doch nur spielen. Doch die AktivistInnen von Pussy Riot haben das gemacht, wofür sie stehen: In einem Moment, in dem niemand an Böses denkt, im Taumel der (Spiel-)Glückseligkeit, in einem spannenden Spiel, schlugen sie zu.

Diesmal nicht einmal so, wie man es von der Gruppe kennt, in knappem Outfit und brachialem Angriff auf religiöse Institutionen. Im Gegenteil, komplett bekleidet, mit Polizeiuniformen, ohne Kirchenschmähung. Das ist wenig drastisch, kaum aufregend. Und doch genau richtig.

Wer sonst, wenn nicht Pussy Riot, sollte kurz vor Ende dieser ach so reibungslosen WM auf Missstände in dem Land aufmerksam machen, das sich und seinen undemokratischen Präsidenten gerade selbst heftig feiert. Mal kurz vergessen: Inhaftierungen, Presseverbote, Menschenrechtsverletzungen. Nur eines hätte man sich von Pussy Riot gewünscht: nicht am Ende der Spiele den Auftritt, sondern zu Beginn.

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25 Kommentare

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  • 6G
    61321 (Profil gelöscht)

    Ich kann zwar kein Russisch, die Aktivistin links unten hat mich aber völlig ohne Worte überzeugt



    www.theguardian.co...tch-invasion-video

  • Meiner Meinung nach hat PR das Finale gewählt, da Putin persönlich anwesend war und mit Sicherheit schlechte Laune bekommen hat. Well done.

    • @vanpelt:

      Wieso? Es war doch nicht ersichtlich, dass es sich um eine politische Aktion handelt. Nicht mal der deutsche Reporter wusste Bescheid.

  • Es ist dutchaus richtig gedacht, wenn diese Aktion erst gegen Ende stattfindet. Ansonsten hätte die unterlegene Mannschaft die ganze Zeit darauf rumpochen können, dass diese Störung sie so verunsichert hätte, dass sie nix mehr zustande brachten. Und insofern hätte dies zumindest bei den Fans dieser Mannschaft eher Antipathien bewirkt.

    Ansonsten wird die Fifa Russland für diese Störung wahrscheinlich hart bestrafen. Politische Äußerungen sind auch allen Fußballern verboten. So musste sich der ghanesische Fußballverband während der WM in Deutschland sich für das Verhalten von John Paintsil offiziell entschuldigen, der nach dem Erreichen des Achtelfinales eine israelische Flagge als Gruß an seine Fans bei Hapoel Tel Aviv, wo er damals unter Vertrag war.

    Eine israelische Flagge bei einer WM in Deutschland. Das geht ja wirklich nicht.

  • Mit "entblößten Brüsten" - die Gruppe Femen macht politische Aktionen in welchen sie ihre Brüste zeigen. Pussy Riot haben keine sexualisierten Körperteile für ihre Aktionen genutzt, sondern Masken getragen - bunte Strick-Woll-Masken! Pussy Riot ist ein feministisches linkes Kollektiv. Bitte nicht mit Femen verwechseln!

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...die taz vergisst so schnell, was war mit den Presseverboten zum sog. G20-Gipfel in Hamburg?!



    Oder die Menschenrechtsverletzungen? Inhaftierungen?

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...das mit den "entblößten Brüsten" waren doch nicht Pussy Riot, oder irre ich mich?!

  • Lol Simone , die die ihre Brüste entblößen sind die Gruppe femen nicht pussy riot . Sind komplett verschiedene Gruppen

  • Die Autorin verwechselt leider Pussy Riot mit Femen. Pussy Riot ist auch keine Punk-Gruppe, sondern ein feministisches Kollektiv, die verschiedene Aktionsformen nutzen. Ihre bekannteste Aktion war 2012 das Punk-Gebet in einer Moskauer Kirche, das auf die korrupte Verbindung der russisch-orthodoxe Kirche mit dem Putin-Regime aufmerksam machen wollte. Marija Aljochina und Nadeschda Tolokonnikowa saßen dafür 2 Jahre in Lagerhaft. Ich finde es bedauerlich, dass die taz so nachlässig recherchiert. Bei Pussy Riot handelt es sich um eine der subversivsten feministischen zivilgesellschaftlichen Akteur*innen der letzten Jahre. Sie hätten mehr Aufmerksamkeit durch die taz verdient. Femen (die mit den nackten Oberkörpern) verfolgen eine gänzlich andere politische Agenda.

  • Ob es Inhaftierungen, Presseverbote, und Menschenrechtsverletzungen nur in Putin-Russland und Eerdogan - Türkei gäben würde. Ich kann jeden und jederzeit Menschenrechtsverletzungen in Deutschland aufzählen. Aber wir deutschen sind ja so toll und können mit erhobenem Zeigefinger ermahnen.

    • @Nico Frank:

      Pussy Riot sind keine Deutschen.

    • @Nico Frank:

      Moin Nico, ich glaube vielleicht ein wenig verstanden zu haben was du sagen möchtest. Den Dorn im Auge des anderen sehen, aber nicht den Balken im eigenen oder erstmal vor der eigenen Haustür kehren... Viel weiter scheint das dann aber auch nicht gedacht zu sein. Presse kann, darf und soll berichten. Sich dabei auf national zu beschränken wäre doch recht einäugig, oder? Und dieser Artikel kommentiert sehr eindeutig die Sichtweise der Verfasserin zu einer Nachricht und regt zur Diskussion an. Wo du da den moralischen deutschen Zeigefinger und perfektionistischen Anspruch herausliest ist mir nicht klar, das steht da nämlich nirgends.

    • @Nico Frank:

      Ja wie? Guten Morgen*!* allerseits!Gell.

      Für Sie & die taz-Redaktion im übrigen!



      Einfach mal - öh …sauber ticken!



      & klar auch —-



      Dank im Voraus!;))

  • ich hoffe nur, dass die vier da halbwegs heil wieder herauskommen. twitter war schon vor ort und sagt, die aktivistinnen wurden über nacht in der polizeiwache behalten und deren anwalt wurde der zugang / das gespräch verwehrt

    • @chn:

      Vermutlich kommen sie nicht ganz heil wieder raus. Und wofür? Damit die westlichen Medien was zu berichten haben. Oder glauben Sie, in Russland wird darüber groß berichtet?

  • "Nur eines hätte man sich von Pussy Riot gewünscht: nicht am Ende der Spiele den Auftritt, sondern zu Beginn."

    Da fragt man sich etwas ratlos, wo genau darin der Vorteil liegen könnte.

  • Hm, ich finde es etwas schade, daß sie jetzt die Strategie geändert haben. Ich fand es umso eindringlicher, wenn sie noch dazu ihre Brüste entblößt hatten.



    Generell finde ich aber, daß Fußball von niemandem als politische Bühne mißbraucht werden sollte...

    • @Nobodys Hero:

      Fussball ist politisch, ob Sie das jetzt wollen oder nicht...

    • @Nobodys Hero:

      erstens findet dieser protest sicher nicht zur unterhaltung notgeiler männer statt

      und zweitens sind die politischen themen, auf die hingewiesen wurde, viel wichtiger als ungestörter fußball. das wort mißbrauch ist hier völlig unangebracht. eher mißbraucht der fußball hier die aufmerksamkeit der menschen, um von echten problemen abzulenken.

      • @chn:

        Alle wieviel Minuten pro Halbzeit soll denn ein solcher Protest durchgeführt werden? Es gibt ja noch mehr mit legitimen Anliegen außer Pussy Riot.

      • @chn:

        Bisschen cooler bitte - wenn's denn geht. Es gucken ja auch viele Frauen Fussball. Sind die auch 'notgeil'?

    • @Nobodys Hero:

      Der Witz ist gut. Sie haben die Siegerehrung nicht verfolgt?

  • Und auch das muss WM-Fußball aushalten: Waren die “Flitzer“ in den 1970/80er Jahren noch häufiger (z.B. in englischen Stadien) zu sehen, sieht man solche Aktionsformen heute kaum noch. “Pussy Riot“ hat die offenen (politischen) Räume gesucht und gefunden – ich finde diese harmlose Irritation, in einem WM-Finale, nicht so schlimm.

  • Cool!