: Schwerste Luftangriffe auf Gaza seit 2014
Die Hamas verkündet einen Waffenstillstand, dem aber Israel zunächst nicht glaubt
Aus Jerusalem Susanne Knaul
Auslöser der jüngsten Eskalation war offenbar eine aus dem Gazastreifen abgefeuerte Granate, die einen israelischen Soldaten verletzte. Palästinensische Kämpfer schossen mehr als 200 Raketen und Mörsergranaten auf im Grenzgebiet liegende israelische Ortschaften. Ein Hamas-Sprecher verkündete noch am Samstagabend einen Waffenstillstand, den Ägypten vermittelt habe und dem auch der Islamische Dschihad folgen wollte.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ging auf Abstand zu der Stellungnahme. Er habe gehört, dass der Waffenstillstand nicht die mit Brandsätzen bestückten Drachen und mit Helium gefüllten Ballons umfasse, erklärte er zu Beginn der sonntäglichen Regierungssitzung. Wer Israel angreife, müsse mit einer „angemessenen“ Reaktion der Armee rechnen.
Die mit Brandsätzen bestückten Drachen und Ballons sind für Israel schmerzhafte Nachwehen des „Großen Marschs der Rückkehr“, der zwischen Ende März und Anfang Juni wöchentlich stattfindenden Demonstrationen in der Grenzregion Bei den von der Hamas massiv unterstützten Protesten gab es zahlreiche Tote und Verletzte, denn israelische Scharfschützen hielten die Demonstranten gnadenlos zurück. Ihrem erklärten Ziel, dem Ende der seit gut zehn Jahren andauernden Blockade und damit einer Linderung der wirtschaftlichen Not, sind die Palästinenser mit der Aktion nicht näher gekommen. Der Kampf mit Drachen und Ballons ist aus Sicht der Hamas ein Akt zivilen Widerstands. Israel sieht hingegen die islamistische Führung im Gazastreifen dafür verantwortlich, die Angriffe, die laut Verteidigungsministerium fast 30 Quadratkilometer Ländereien, Ackerflächen und Wälder zerstörten, zu unterbinden.
Als erste Strafe für die Brandsätze ließ Israel letzte Woche den einzigen Warenübergang zum Gazastreifen für den Export schließen. Nur noch Nahrungsmittel und Medikamente werden aus Israel geliefert. Außerdem reduzierte Israel das Fanggebiet palästinensischer Fischer. Sie dürfen nur noch sechs statt neun Seemeilen aufs Meer hinaus.
Bildungsminister Naftali Bennett, Chef der Siedlerpartei, reagierte ungehalten auf die Gerüchte über einen Waffenstillstand. Israel solle sich nicht von der Hamas Bedingungen diktieren lassen: „Wer angesichts der Verletzung unserer Souveränität Zurückhaltung übt und eine umfassende militärische Operation verhindert, bestimmt, dass wir in dem andauernden Zermürbungskrieg bleiben werden.“ Zurückhaltung werde zur Eskalation führen. Bennett sprach sich auch dafür aus, auf Palästinenser mit Brandsätzen zu schießen.
Israels Sicherheitskabinett trat noch am Nachmittag zusammen. Laut der Tageszeitung Maariv drängt Verteidigungsminister Avigdor Lieberman zu härterem Vorgehen gegen die Brandstifter und die Hamas. Doch Armee und Geheimdienst warnen vor erneutem Krieg. Vorläufig verursachen die Drachen und Ballons nur Sachschaden.
meinung + diskussion
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen