Rudolf Balmer über die „Affaire Benalla“: Macrons Hilfssheriff
Schlimm genug, wenn echte Polizisten am Rande einer Kundgebung zum 1. Mai Demonstranten gewaltsam vertreiben. Wenn dann Videos publik werden, auf denen ein vermeintlicher „Ordnungshüter“ mit Polizeihelm und -armbinde einen Mann verprügelt und eine junge Frau tätlich misshandelt, und wenn sich dazu herausstellt, dass dieser Rambo einer der engsten Mitarbeiter des Staatspräsidenten ist, sind alle Bedingungen für einen handfesten politischen Skandal erfüllt. Am gefährlichsten für die Staatsführung ist dabei die Tatsache, dass sie – bis hin zu offensichtlichen Lügen – alles getan hat, um die Sache zu vertuschen. Der Hilfssheriff genoss nicht nur merkwürdige Privilegien, sondern auch die Unterstützung der Pariser Polizei.
Emmanuel Macron war angetreten mit dem Versprechen, er garantiere Transparenz und moralische Verantwortung. Schon in der ersten echten Bewährungsprobe ist er nun durchgefallen. Sein betretenes Schweigen seit dem Beginn der Affäre macht das Ganze nur noch peinlicher. Er nährt so die Gerüchte und Spekulationen zu den Hintergründen der ungewöhnlichen Karriere seines Bodyguards Alexandre Benalla. In wenigen Tagen hat Macron damit auch den Popularitätsbonus verspielt, den er sich vom Sieg der „Bleus“ bei der Fußball-WM hatte erhoffen dürfen.
Wer bereits von Macrons monarchisch wirkender Amtsführung unangenehm berührt war, muss nun geradezu allergisch auf solche Methoden reagieren, die in Frankreich höchst unerfreuliche Erinnerungen wecken. Denn in der Vergangenheit gab es Fälle, bei denen die Staatsführung im In- und Ausland geheime und höchst fragwürdige Aktionen von inoffiziellen Kommandos deckte oder sogar organisierte.
Umso mehr schockiert der Dilettantismus der aktuellen Staatsspitze. Wie glaubwürdig kann ein Präsident noch sein, der seine Sicherheit und damit die Interessen der Republik einem offensichtlich inkompetenten Anfänger anvertraut?
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