: Sit-in vor geschlossener Tür
Junge Geflüchtete protestierten gegen ihre perspektivlose Lage und für eine Duldung. Die Innenbehörde fühlt sich nicht zuständig und Senator Mäurer ist im Urlaub
Von Gareth Joswig
Während der Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) im Urlaub ist, protestierte am Donnerstag ein Bündnis von Geflüchteten vor der Innenbehörde. Mit einem Sit-in wollten die jungen Geflüchteten für eine Bleibeperspektive protestieren. Die Jugendlichen klagen und widersprechen gegen ihr behördlich festgesetztes Alter, weil sie nach eigenen Angaben minderjährig sind.
Es handelt sich bei den Demonstrant*innen um das Aktionsbündnis „Shut-Down-Gottlieb-Daimler-Straße“, das bereits die Schließung ihrer unwürdigen Unterbringung, je nach Sichtweise Zelte oder Leichtbauhallen, gegenüber der Sozialbehörde forciert hatte (taz berichtete). In die Einrichtung hatte die Sozialbehörde ausschließlich junge Geflüchtete gesteckt, deren Altersangaben sie bezweifelte und schätzen ließ – eine umstrittene Praxis, bei der Betroffene unter anderem zwangsweise geröntgt werden oder Mitarbeiter*innen des Jugendamtes stumpf Pi mal Daumen deren Bartwuchs beurteilen. Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) hat mittlerweile die Schließung der Einrichtung noch vor dem Winter angekündigt. Derzeit leben laut Sozialbehörde noch 44 Personen dort.
Für die vor Ort circa 50 protestierenden Jugendlichen stellt sich jetzt die Frage: Wie geht es weiter? „Die Innenbehörde tut einfach so, als sei sie für die Jugendlichen, die sich seit vielen Monaten hier regulär aufhalten, aufenthaltsrechtlich nicht zuständig“, sagt Anna Schroeder von dem Aktionsbündnis.
Und tatsächlich – ein Sprecher sagt der taz: „Wir sind verwundert, dass wir Adressat der Aktion sind. Wir haben keine Aktien in der Sache.“ Nur ganz am Ende eines Verfahrens habe man mit den Betroffenen zu tun.
Das Aktionsbündnis sieht das anders. Die Jugendlichen seien seit vielen Monaten in Bremen untergebracht und damit faktisch geduldet. Dennoch erhielten sie keine Duldungspapiere. Die Ausstellung solcher Papiere sei die Zuständigkeit der Mäurer unterstellten Ausländerbehörde und könnte politisch entschieden werden. Mäurers Behörde aber stelle eine Duldung nicht einmal aus, wenn eine Klage gegen die Altersfeststellung erfolgreich war, wie Schroeder berichtet. Zudem versuche die Innenbehörde, Jugendliche, deren Klagen noch laufen, an andere Orte zu transferieren.
Einer der Jugendlichen trägt ein Werder-Trikot. Er sagt ins Mikro: „Herr Senator, unterstützen sie uns, endlich anzukommen. Wir brauchen Papiere, damit wir lernen und später in Bremen arbeiten können.“ Die Jugendlichen wollten nach dem Protest zwei offene Briefe an den Senator übergeben. Aus der Behörde ließ sich niemand blicken.
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