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Andreas Speit Der rechte RandWie Provokationen der Identitären eingedämmt werden

Foto: Jungsfoto: dpa

Die „Asyllobby“ und „Sozialindustrie“ wollte die Identitäre Bewegung (IB) entlarven. Geflüchtete Minderjährige vor „falschen Erwartungen an ihr Gastland“ warnen und sie von einer „Zusammenführung mit ihrer Familie in ihrer Heimat“ überzeugen. Mit diesen Intentionen hatte die Hamburger Gruppe des bundesweiten Netzwerkes im Januar angekündigt, Vormundschaften für minderjährige unbegleitete Flüchtlingen zu übernehmen. Sieben Monate später steht fest: Die vermeintliche Kampfansage der Identitären war nur heiße Luft.

„Uns sind keine Fälle bekannt, wo Rechtsextreme Vormundschaften angestrebten haben“, sagt Esther Brandt, Mitarbeiterin des Projekts für Vormundschaften beim Hamburger Landesverband des Deutschen Kinderschutzbundes. Nach der Ankündigung der Identitären auf ihrer Facebookseite, „sich selbst in der Flüchtlingspolitik zu engagieren“, reagierte aber auch der Kinderschutzbund schnell – und gelassen. „Wir nehmen das sehr erst“, sagt Brandt, es ginge um das Wohl von Jugendlichen. Der Kinderschutzbund warnte seine Kooperationspartner, Gerichte, Jugendeinrichtungen und das Jugendamt. Sie selbst setzten sich mit der mobilen Beratung gegen rechts mit den Identitären auseinander. „Wir wollten deren politischen Hintergrund erfahren, wie sie argumentieren und auftreten“, so Brandt weiter. „Uns war es ebenso wichtig, die angestrebte PR der Identitären nicht zu unterstützen.“ Aus dem Grund hätten sie bei ihren Erklärungen bewusst von Rechtsextremen ohne Namensnennung gesprochen. Denn sie hatte den Verdacht, dass es der Identitären Bewegung vor allem um die PR gehe. Denn eine Paten- oder Vormundschaft sei auch gar nicht so schnell erlangt.

Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.

In den vergangenen Monaten fielen die Identitären vor allem durch unangemeldete Aktionen öffentlich auf: Da war eine nachgestellte Amokfahrt eines angeblichen „Islamisten“ in der Hamburger Innenstadt oder ein Auflauf im Hauptbahnhof, um die „Willkommenskultur“ zu karikieren. Beide Aktionen machten sie gleich online publik. In einer Gesellschaft des Spektakels setzen sie in ihrem Kampf um die Deutungshoheit auf Bilder und Provokationen, die viral gehen müssen. Die Identitäre Bewegung hat dennoch jüngst an Resonanzraum verloren. Ende Mai sperrte Facebook die Webseiten der Identitären sowie ihre Instagram-Accounts.

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