: Vier Aktivisten in Gewahrsam
Auf die milden Urteile im NSU-Prozess reagierten Antifaschisten in Hamburg mit einer Plakataktion
Von Andreas Speit, Hamburg
Die Polizei in Hamburg ermittelt seit Mittwochabend gegen mehrere Antifaschisten im Zusammenhang mit den NSU-Urteilen. Der Anlass der polizeilichen Maßnahmen: eine Plakatserie. Eine Polizeisprecherin sagte der taz, dass vier Personen in Gewahrsam genommen worden seien, weitere Überprüfungen liefen.
Der NSU-Prozess war am vergangenen Mittwoch in München zu Ende gegangen. Während die Hauptangeklagte Beate Zschäpe zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, erhielten ihre vier Mitangeklagten Haftstrafen zwischen zweieinhalb und zehn Jahren. Besonders das milde Urteil gegen Zschäpes engen Vertrauten André Eminger hatte bei vielen Prozessbeobachtern für Empörung gesorgt. Am Tag der Urteilsverkündung klebten Unbekannte in mehreren Stadtteilen Hunderte Plakate, auf denen weitere Aufklärung über den NSU gefordert wird. So gehört zu den bislang unbeantworteten Fragen, wie und von wem Süleyman Taşköprü als Mordopfer ausgewählt wurde? Der 31-jährige Obst- und Gemüsehändler wurde am 27. Juni 2001 in Hamburg-Bahrenfeld vom NSU erschossen.
Zudem wurde der Umgang der Behörden und der Medien mit dem Rechtsterrorismus angeprangert: „Wie groß wäre der Skandal, würde jemand von ‚Bratwurstmorden‘ berichten?“, steht beispielsweise auf einem Plakatmotiv. „Warum wurde nicht auf die Angehörigen gehört?“, wird auf einem weiteren Motiv gefragt. Beklagt wird auch, dass es bis heute keinen NSU-Untersuchungsausschuss in Hamburg gibt, obwohl der NSU auch in der Hansestadt mordete. „Was hat Hamburg zu verbergen?“, heißt es dazu auf einem Plakat.
Laut Polizeiangaben wurden vier Personen beim Plakatieren erwischt. „Wir überprüfen, ob eine Substanzbeschädigung vorliegt“, sagte ein Polizeisprecher der taz. In den Fällen, in denen sich die Plakate nicht rückstandslos entfernen lassen, werde wegen politisch motivierter Sachbeschädigung ermittelt. Ansonsten gehe es um illegales „wildes“ Plakatieren.
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