Kommentar zur Eskalation in Gaza: Die Möglichkeit einer Insel

Israel ist nicht allein schuld an der desolaten Lage in Gaza. Doch es steht in der Verantwortung, der Region eine Perspektive zu geben.

palästinensische Kinder demonstrieren vor zerschossenem Gebäude

Ohne Hoffnung und Perspektive: Kinder in Gaza Foto: dpa

An der akuten Not der Palästinenser im Gazastreifen trifft Israel die geringste Schuld. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hält zwei Drittel der öffentlichen Gelder für Gaza zurück, und Präsident Donald Trump reduzierte die Beiträge, die die USA an das UNRWA zahlten, das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge. Doch Abbas und Trump sind weit weg, deshalb richtet sich der Zorn des ausgemergelten Volkes gegen Israel – nicht zum ersten Mal.

Gaza ist zuallererst Israels Pro­blem. Auch auf internationaler Bühne hält man den Staat gern verantwortlich. Dabei ist die Blockade, die zur Hälfte auf Ägyptens Konto geht, zwar sicher nicht hilfreich für Gazas Wirtschaftswachstum. Genauso sicher ist sie aber weder das einzige noch das größte Hindernis.

Drei Kriege führte Israel in den letzten zehn Jahren gegen die Hamas. Ginge es nach Israels Verteidigungsminister, wäre der vierte längst im Gang – und würde wieder nichts verändern. Die stärkste Militärmacht im Nahen Osten ist ratlos angesichts brennender Drachen, die Jugendliche ohne Zukunft über die Grenze schicken. Solange Gazas Bewohner keine Hoffnung haben, werden sie ihren Kampf fortsetzen, auch wenn er sich gegen den Falschen richtet.

Eine künstliche Insel vor der Küste des Gazastreifens könnte für die Palästinenser ein Tor zur Welt sein

Seit acht Jahren liegt in der Schublade von Israel Katz, Minister für Verkehr und Geheimdienste, der Plan einer künstlichen Insel vor der Küste des Gazastreifens. Sie könnte für die Palästinenser ein Tor zur Welt sein. International finanziert und gemanagt, wäre Israel einzig für die Kontrolle zuständig. Die Insel wäre für beide Seiten ein Gewinn, denn Israel will die Verantwortung für den Gazastreifen schon lange nicht mehr, und Gaza strebt nach Unabhängigkeit.

Die Menschen dort wünschen sich ein Minimum an Lebenskomfort: frisches Wasser, regelmäßigen Strom, Bewegungsfreiheit, Entwicklungsmöglichkeiten. Auch Israel würde von Verbesserungen profitieren: Wer reale Perspektiven auf eine bessere Zukunft hat, lässt sich schwerer für den Kampf der Hamas oder den Märtyrertod re­krutieren.

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1961 in Berlin geboren und seit 2021 Co-Leiterin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

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