Transformart in cooler Location

Kunsträume, die einst Industrieräume waren – zum Beispiel in Oberschöneweide

Eine Schar von Kreuzen kommentiert Ideen aus Bayern

Von Natalia Bronny

Für alle, die es nicht besser wissen und auf Gedanken kommen wie „Oberschöneweide klingt nach kurz vor Brandenburg“: Die S-Bahn-Stationen Neukölln und Treptower Park sind drei Stops entfernt. Denn dieses Wissen kann sich lohnen, öffnen die Rathenau-Hallen doch dort bis Sonntag wieder ihre Pforten für die transformart. Vier Tage lang sind in den ehemaligen Industriehallen an der Spree Arbeiten von mehr als 80 internationalen Künst­ler*innen zu sehen.

Von außen ziert sie alle der gleiche gelbe Backstein, von innen gleicht keine der vier Ausstellungshallen einer zweiten: Die eine diente dem Gelände als Kraftwerk, in der anderen härteten die im Boden versunkenen Galvanisierungsbecken Metalle aus, wie Steffen Blunk und Anett Münnich erzählen. Die beiden gehören zu den fünf Künstler*innen, die als Organisatoren hinter der transformart stehen. Sie alle haben ihre eigenen Ateliers in den Rathenau-Hallen, bewegen sich seit Jahren auf dem Gelände. Im Dachstuhl mit Blick auf die Spree stehend sagt Blunk, den Raum habe Hollywood einst als Penthouse am Central Park inszeniert. Schon die Ausstellungshallen vermögen also jene zu beglücken, die ihren Kameras gerne Lichtspiele und Spuren einer anderen Zeit bieten.

Gegensätze stacheln an

Und dann ist da noch die Kunst. Malerei, Fotografie und Skulpturen sind zu sehen, auch kinetische Installationen. Anders als im letzten Jahr wurde die zweite transformart zusammenhängend als eine raumübergreifende Ausstellung geplant. Ausgewählt seien die Künstler*innen danach, ob ihre Werke zu anderen passten oder einander im Gegenteil anstachelten. Und manchmal habe es zwischen Halle und Werk gefunkt. „Bei einigen Bewerbungen wussten wir sofort, wohin das Werk gehört“, sagt Münnich.

Dass keine der Arbeiten explizit für die Rathenau-Hallen geschaffen wurde, ist stellenweise kaum zu glauben. Etwa, wenn ein antiquierter Stromkasten in dem Gemälde links daneben wieder aufzutauchen scheint, dieses Mal als ein sich in Kabeln auflösendes Wesen à la Lucian Freud. Transforma­tio­nen wie solche thematisiert die Ausstellung, auch jene von Leben und Tod – und von Diskursen, wenn gleich eine ganze Schar von kleinen Kreuzen politische Ideen aus Bayern kommentieren.

In eine der Hallen würden sich auf den ersten Blick viele der ausstellenden Künst­ler*innen verlieben: Durch die deckenhohe Fensterfront ­flutet Licht den bewegten Raum ­voller Metallfassungen und Unebenheiten. So einfach sei das aber nicht: „Wir haben hier Hallen, die sind so un­scheinbar, dass die Kunst immer im Mittelpunkt bleibt“, sagt Blunk. Andere Hallen seien so mächtig, dass die Werke untergingen oder gegen die Architektur arbeiten würden. „Das ist eine Herausforderung“, sagt Münnich – die aber selbstverständlich den Spaß ausmache. Auch manche Künstler*innen würden ihre eigenen Arbeiten an diesem interagierenden Ort neu erleben.

Carolin Cosima Oel ist eine der ausgestellten Künst­ler*innen. Drei Gemälde hat die studierte Malerin und Grafikerin aus München mitgebracht. Ihr Thema sei die Bewegung zwischen Mensch- und Tiersein, mystisch fließen Kreaturen zu neuen zusammen. „Ein Freund, der letztes Jahr bei der transformart dabei war, hatte mir empfohlen, mich zu bewerben“, sagt sie. Weil das Team nett sei und die Location cool. Der Münchner Markt sei viel starrer.

Grenzen aufzulösen und verschiedene Kunstsprachen zusammenzubringen sei die Idee der transformart, betont Münnich. Die ehemaligen Industriehallen laden ohnehin dazu ein, auch ihre Akustik zu nutzen. Und so gibt es Musik an jedem Tag der Kunstschau. Heute an der Orgel, Sonntag an der Harfe. Inklusive der Konzerte kostet der Eintritt für alle Ausstellungstage 5 Euro.