: Hatice Kara tritt verbittert ab
Es ist vorbei. Hatice Kara ist als Bürgermeisterin der Gemeinde Timmendorfer Strand abgewählt worden. Damit geht zu Ende, was vor sechs Jahren mit großem Medienecho begann: Als erste muslimische Bürgermeisterin einer schleswig-holsteinischen, wahrscheinlich sogar bundesdeutschen, Kommune war die Sozialdemokratin ins Amt gekommen, gewählt von fast 61,7 Prozent der BürgerInnen. Bei der Stichwahl am Sonntag wollten nur noch 41,4 Prozent Kara eine zweite Amtszeit zubilligen.
Zuletzt stand die jetzt 38-Jährige mit ihrer SPD alleine da, ihre Unterstützer von 2012, Grüne, FDP und Unabhängige Wähler, hatten sich von ihr abgewandt. Zusammen mit der CDU mobilisierten sie für den parteilosen Robert Wagner, ein Bundeswehrverwaltungsbeamter aus Aachen, der sich nun im zweiten Wahlgang durchsetzte.
Jung, weiblich, ledig, muslimisch, gebürtige Türkin – mit vielen Vorurteilen zu kämpfen hatte die Rechtsanwältin aus Rendsburg vor sechs Jahren. Doch der Frust über die seit Jahrzehnten dominierende CDU war damals so groß geworden im Badeort an der Lübecker Bucht, dass ihr der Einzug ins Rathaus gelang. Seitdem ging vieles schief.
Im Gemeinderat saßen zunächst fast nur Männer über 60, rund doppelt so alt wie die neue Bürgermeisterin, nach der Kommunalwahl 2013 wurde er leicht jünger und weiblicher, aber nur etwas. Von „Intrigen“ und einer „Schlammschlacht“ im Wahlkampf raunen Eingeweihte vor Ort, einsame Entscheidungen werden Kara nachgesagt, wo Männern meist Führungsstärke attestiert wird. Kara müsse für Beschlüsse des Gemeinderats büßen, die sie ausführen musste, sagen ihre Unterstützer, mangelnde Transparenz und kein Interesse am Umweltschutz werfen die Grünen ihr vor, die sich von Kara abwandten. Es klingt nach zerrütteter Beziehung, und da ist selten nur einer schuld.
Kara geht mit Verbitterung. Ihrem Nachfolger Wagner gratulierte sie mit den Worten: „Ich wünsche Ihnen viel Spaß hier. Mal sehen, ob Sie den haben.“ Sven-Michael Veit
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen