piwik no script img

Und noch eine Deko-Fassade

Der Abriss der Fachhochschule in Potsdams Zentrum hat begonnen – und musste gleich wieder stoppen

Bereits komplett entkernt: die einstige Fachhochschule in Potsdams Mitte Foto: Bernd Settnik/dpa

Die noch aus DDR-Zeiten stammende Fachhochschule in der historischen Mitte Potsdams wird abgerissen. Dagegen hatte die Initiative „Stadtmitte für alle“, vor allem getragen von Studierenden, lange gekämpft. An der frei werdenden Stelle neben dem wieder aufgebauten Potsdamer Stadtschloss, in dem der Brandenburger Landtag seinen Sitz hat, soll ein neues Viertel entstehen. Die städtische Sanierungsgesellschaft ProPotsdam plant Wohn- und Geschäftshäuser, die zum Teil eine historische Fassade haben sollen. Bis Herbst soll der oberirdische Abriss beendet sein.

Allerdings verzögert sich der bereits für Mittwoch vorgesehene Start des Abrisses überraschend. Laut RBB fehlte auch am Donnerstag für einen bestellten Großbagger eine Genehmigung. Deswegen herrscht auf der Baustelle bis auf weiteres Ruhe. Wann die Arbeiten starten können, ist noch unklar.

Fassenden wurden verkauft

Am Mittwoch waren auf dem Dach des Gebäudes lediglich zwei Minibagger im Einsatz, die vorsichtig Betonteile lockerten. Von Etage zu Etage soll das Gebäude abgerissen werden. Es wird mit 30.000 Tonnen Schutt gerechnet, der in den kommenden Monaten abtransportiert werden muss.

In den vergangenen Monaten war der Bau bereits innen vollständig entkernt worden. Insgesamt 12.000 Tonnen Materialien, wie mit Schadstoffen belasteter Asbest oder Dämmstoffe mussten entsorgt werden. Zwischenwände sowie Sanitär- und Elektroanlagen wurden entfernt. Die prägnanten wabenförmigen Fassadenteile wurden demontiert und verkauft.

Vergeblich hatte die Initiative „Stadtmitte für alle“ für die weitere Existenz des DDR-Plattenbaus gekämpft. Für sechs Millionen Euro wollte sie das aus den 1970er Jahren stammende Gebäude der Stadt abkaufen – was abgelehnt wurde. Der Bau sollte aus Sicht der Initiatoren erhalten bleiben. Einziehen sollte ein „Haus der Stadtgesellschaft“. Es sollte Platz für Wohnungen, Vereine und wissenschaftliche Institute geben.

Bundesweite Kritik an Historisierung

Die Abriss von DDR-Bauten und die geballte Rebarockisierung von Potsdams historischer Mitte stößt bei Städteplanern in ganz Deutschland auf teils scharfen Widerspruch. „Make Potsdam schön again“ ätzte im vergangenen Jahr sogar die konservative Frankfurter Allgemeine Zeitung über die – aus ihrer Sicht – Bemühungen von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und anderen zugezogenen „dekoseligen Wessis“, den „Ossis“ zu zeigen, welche Kultur in der Stadt zu herrschen habe. Als Belege wurden auch das wieder errichtete Landtagsschloss im barocken Gewand und der benachbarte Nachbau des Palasts Barberini als Museum genannt. In Berlin entsteht derzeit der Retronachbau des Stadtschlosses. (dpa, taz)

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen