: Kein Koks in der Schwangerschaft
Es hätte eine ganz gewöhnliche Messepräsentation für die taz in Leipzig werden können. Aber dann kamen Grippe, Nazis und auch noch Schnee
Von Nicola Schwarzmaier
Die Buchmesse in Leipzig beginnt mit einer Hiobsbotschaft: Grippe. Eine Welle der Grippe, die ja ohnehin eher ein Meer ist und immer wieder als Welle an den Strand der arbeitenden taz-Klasse brandet. Kleinere und größere Zahnrädchen der gut eingespielten taz-Maschine fallen aus. Es beginnt bei der Praktikantin und endet bei unserer Bloggerin.
Margarete Stokowski wurde ja bekanntermaßen vor einigen Jahren von Spiegel online abgeworben, bloggt jedoch weiterhin für die taz von den Buchmessen. Heuer ist es das erste Mal nach elf Messen, dass sie nicht kann. Und auch andere Größen des Messegeschäftes verkünden ihr Fernbleiben. taz-Redakteur Jan Feddersen muss drei seiner vier zu moderierenden Veranstaltungen abgeben, nach der ersten Lesung geht körperlich gar nichts mehr, Bettruhe ist wichtiger. ©TOM kommt nicht, um live zu zeichnen, und unsere stellvertretende Chefredakteurin Barbara Junge schleppt sich angeschlagen durch ihre Moderation.
Das Team vom Verlag muss ran: Malaika Rivuzumwami und ich versuchen uns im Bloggen. Margarete Stokowski können wir nicht ersetzen, aber zumindest vertreten. In die Annalen der taz wird sicherlich dieser Satz aus Malaikas Partybeschreibung eingehen. Ihr wird von einer Frau Koks angeboten, sie lehnt ab: „Sie schaut mich verdutzt an, blickt dann auf mein weit geschnittenes Oberteil und dann auf meinen Sekt. ‚Ach klar, das hätte ich auch sofort merken können. Hab ich bei meiner ersten Schwangerschaft natürlich auch nicht gemacht.‘“
Am Frühstückstisch im Hotel lesen Kolleg*innen panisch Bücher von Autor*innen, deren Veranstaltung sie am selben Tag spontan moderieren müssen. Zugleich übertragen wir das erste Mal drei Veranstaltungen von der Buchmesse live auf Facebook und sind vom Feedback überwältigt. So hat beispielsweise das Gespräch mit Liane Bednarz über rechte Christen über 10.000 Menschen erreicht. Ob unsere diversen Improvisationen außerhalb des taz-Kosmos überhaupt jemand bemerkt? Hoffentlich nicht. Trotz blank liegender Nerven im Team wird höflich gelächelt, souverän moderiert, werden leichthändig Abos verkauft oder kontroverse Blogbeiträge geschrieben.
Wie auf der Buchmesse in Frankfurt im letzten Herbst gibt es auch diesmal eine öffentlichkeitswirksame Debatte über die rechten Verlage auf der Messe. Ignorieren? Darüber sprechen? Mit den Rechten sprechen? Die tazler*innen üben sich in Gelassenheit. Auch als der rechte YouTuber „Volkslehrer“ eine unserer Veranstaltung lautstark stört, kommt es zu keinem Tumult. Sich auf das eigene Tun konzentrieren, ist unsere Devise.
Manchmal ist der Trubel nur mit Sekt zu ertragen, der gegen Ende des Messetags zuverlässig bereitsteht. Als dann auch noch Schnee im März fällt und die Deutsche Bahn zur Kapitulation zwingt, wird es erst recht chaotisch. Kolleg*innen können nicht abreisen und müssen bei anderen Mitarbeiter*innen ins Hotelzimmer schlüpfen. Oder lassen sich auf Bahnkosten mit dem Taxi nach Berlin chauffieren. Am Ende kehren alle tazler*innen wohlbehalten nach Berlin zurück und denken wahrscheinlich: Nie wieder. Bis zur nächsten Buchmesse – im Herbst in Frankfurt am Main.
Leipzig 2018 – Unsere Buchgespräche, der Messeblog und mehr: www.taz.de/buchmesse
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