Die Wahrheit: Ein Mann sieht nicht schwarz

Diesen sagenhaft tollen Film „Black Panther“ muss man einfach gesehen haben – wenn man dazu kommt. Tagebuch eines Scheiterns.

Montag. Im Büro werde ich gefragt, ob ich schon „Black Panther“ gesehen habe. Ich sei noch nicht dazu gekommen, sage ich, als wäre ich eine Erklärung schuldig. Unbedingt solle ich mir den anschauen, rät man mir. Bald, versichere ich, zurzeit sehe es terminlich aber schlecht aus bei mir.

Dienstag. Na, endlich „Black Panther“ nachgeholt?, ruft ein Kollege herüber. Ich schüttele den Kopf und murmele Unverständliches. Interessiert der dich nicht?, hakt er nach. Schon, erwidere ich, aber muss man den unbedingt auf der großen Leinwand schauen? Der Trailer hat mich nicht so überzeugt, und bei einem Einspielergebnis von über einer Milliarde Dollar ist doch eher der übliche Marvel-Mainstream zu erwarten.

Mittwoch. Ob ich heute nicht zur Spätvorstellung mitkommen möchte, fragt mich die Kollegin scheinbar beiläufig. Es kämen alle mit, die den Film noch nicht gesehen haben (was, nebenbei bemerkt, nicht viele seien), sowie ein paar, die ihn ein zweites Mal erleben wollen. Nein, entgegne ich selbstbewusst: Ich habe gestern intensiv darüber nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass mir „Black Panther“ keine Identifikationsfläche bietet. Wie ich das meine, möchte mein Gegenüber wissen. Ich bin nun mal kein Superheldenfan, druckse ich, das meine ich gar nicht ignorant … Guck mal, da draußen, ein Turmfalke! Als die Kollegin sich zum Fenster dreht, verschwinde ich.

Donnerstag. Ich erscheine etwas früher im Büro, um ein Obama-Wahlplakat aufzuhängen. Aus meiner Stereoanlage ertönt dezent das aktuelle Album von Migos. Abwehrend hebe ich die Hand, als sich ein Kollege nähert. Ich weiß, was du sagen willst, ergreife ich das Wort, aber ich kann leider nicht mit ins Kino kommen, ich koche heute. Was? Hühnchen, Maisbrot, Black-eyed Peas. Südstaatenküche, Stichwort „Soul food“. Google das mal. Für den Rest des Tages habe ich meine Ruhe.

Freitag. Als ich das Büro betrete, steht die komplette Belegschaft im Eingangsbereich und sieht mich todernst an. Warum, hebt die Chefin nach etlichen Sekunden unangenehmer Stille an, willst und willst du nicht „Black Panther“ sehen? Warum verweigerst du dich? Erhobenen Hauptes antworte ich: Also gut, ich gebe es zu. Der Film ist in 3-D, davon wird mir immer schwindelig. Keine Reaktion. Okay, das war eine Notlüge. Ich habe eine schwache Blase, so überlange Filme stehe ich einfach nicht durch. Schweigen. Dann schreie ich es endlich heraus: Ich habe keine Ahnung von Black Culture! Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll, wenn das Empowerment marginalisierter Gruppen zelebriert wird. Ich leide unter White Guilt. Und jetzt lasst mich endlich in Ruhe!

Montag. Ich schließe mich in einer Toilettenkabine ein und tippe diesen Text in mein Telefon. Nach zwei Stunden hat noch niemand nach mir gesucht. Wie lange halte ich durch? Ich bete, dass mich niemand per SMS oder Chatnachricht zu „Call Me By Your Name“ einlädt.

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.