piwik no script img

Abschaffung des Paragrafen 219aSPD will doch eigenen Antrag

Werbung für Schwangerschaftsabbrüche sind strafbar. Darunter fallen auch Informationen. Nach Grünen, FDP und Linken beantragt nun auch die SPD eine Änderung.

Eva Högl (SPD) plädiert nun doch für einen eigenen Antrag gegen den Paragrafen 219a Foto: dpa

Berlin dpa | Die SPD will einen eigenen Antrag für eine Streichung des Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche in den Bundestag einbringen. Das teilte Fraktionsvize Eva Högl am Freitag in Berlin mit. Um eine gemeinsame Positionierung auszuloten, habe man zuvor Gespräche mit der Unionsspitze geführt, sagte Högl.

„Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die unterschiedlichen Auffassungen in der Sache bestehen bleiben“, so Högl. Dennoch solle die inhaltliche Arbeit zügig weitergehen. „Daher haben wir mit der Union besprochen, dass wir unseren Gesetzentwurf jetzt einbringen werden.“ Beschlossen hatte ihn die SPD-Fraktion bereits im Dezember.

Im Februar hatte das Parlament zunächst Vorlagen der Linken, der Grünen und der FDP beraten, die den einschlägigen Paragrafen 219a des Strafgesetzbuches abschaffen oder ändern wollen. Die Unionsfraktion hatte beschlossen, nicht in Gespräche mit anderen Fraktionen einzutreten, die eine Änderung des Paragrafen 219a zum Ziel hätten.

Högl sagte, jetzt gehe man auf der Basis von vier Fraktions-Entwürfen unabhängig von der künftigen Regierungskonstellation in der nächsten Sitzungswoche in das weitere Verfahren. „Uns ist wichtig, dass wir am Ende eine Lösung haben, die es Ärztinnen und Ärzten ermöglicht, objektiv über Schwangerschaftsabbrüche zu informieren, nicht mehr und nicht weniger“, sagte die SPD-Politikerin.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • Die SPD ist aufgewacht.

    Das ist schön.

    Aber dazu brauchte sie Frau Högl.

    Das ist traurig.

  • Dass die Moraldiskussion immer ins leere laufen wird, ist ja klar. Dass man bei einer Abtreibung irgendeine Art von Leben tötet, ist es ebenfalls. Fakt ist auch, dass eine "Nachfrage" nach Abtreibungen besteht und auch immer bestehen wird. Das gesellschaftliche Ächten und das Erschweren des Zugangs zu Informationen führt nur zu weiteren Problemen und ist ausserdem zutiefst unsozial gegenüber den betroffenen Frauen, was auch wieder als moralisch verwerflich kritisiert werden könnte.

    Ich kann sehr gut mit der "moralischen Schuld" beim Abtreiben bis zu einem gewissen Entwicklungsgrad leben. Andere können es anscheinend weniger...

     

    Aber es kann aus meiner Sicht nur zwei Gründe geben, warum man die jetzige Regelung verteidigt. Zum einen weil es "besser ist als nichts" und die Gegner gleichzeitig wissen, dass ein generelles Abtreibungsverbot nicht durchsetzbar ist. Oder zum anderen, weil man befürchtet, eine neue Regelung wäre noch schlechter.

    Da es ja nicht ein Ding der Unmöglichkeit ist zwischen Werbung und Information zu unterscheiden, heisst das, dass es Gegnern der Paragraphenänderung ganz recht ist Ärzte zu kriminalisieren. Und das macht mich ehrlich gesagt ziemlich nachdenklich.

    • @Nimmermehr:

      "Oder zum anderen, weil man befürchtet, eine neue Regelung wäre noch schlechter."

      Geht wohl nicht schlechter für alle Beteiligten. Zumindest hier im "Osten", wo die DDR-Regelung noch in den Köpfen ist, wird Abtreibung mit Indikation als legal betrachtet. Das Rechtsempfinden entspricht also nicht der aktuellen Rechtslage.

       

      Christlich argumentiert mensch sich hin und her zwischen Epigenese und Präformationslehre: " Allerdings verbindet sich nach der traditionellen christlichen Auffassung (so bei Augustinus und bei Thomas von Aquin) die Seele erst nach einiger Zeit mit dem sich heranbildenden Embryo, beim Menschen um den 40. Tag der Schwangerschaft. Erst durch die Beseelung wird das bis dahin nur tierische Gemisch von Flüssigkeiten menschlich." https://de.wikipedia.org/wiki/Epigenese

      Da werden sich halt wissenschaftlich begründete Rosinen rausgepickt, die der privaten Moral genügen. Und den Kirchenvätern, die da erstaunlich pragmatisch argumentierten, unterstellt, Irrglauben zu verbreiten.

      Hilft halt den ungewollt Schwangeren nicht, die (s.o.) genug andere Probleme haben. Mensch hört/liest auch eher nicht, daß "Lebensschützer" Alternativen für "gefallene Mädchen" anbieten, damit die NICHT abtreiben. Gibt genug ungewollt Kinderlose, auch unter gläubigen Christen, die sich nix sehnlicheres wünschen als ein Baby, egal obs nun die eigenen Gene hat!

  • @ Christina de Havilland

     

    (a) Biologie und Realität:

    "Man nimmt an, dass dies für etwa die Hälfte aller befruchteten Eizellen schon in den ersten zwei bis drei Wochen der Fall ist. Die meisten Frühaborte verlaufen unbemerkt als spontane Aborte." https://de.wikipedia.org/wiki/Fr%C3%BChabort

    Findet mensch noch mehr mit den Stichworten Frühabort und Wahrscheinlichkeit, zu der Hälfte kommen noch einige dazu.

     

    "Rund 792.000 Kinder kamen 2016 in der Bundesrepublik zur Welt."

    //http://www.rp-online.de/panorama/deutschland/zahl-der-geburten-in-deutschland-steigt-auf-rund-792000-aid-1.7205181

     

    Zahl Abtreibungen sinkt (unter 100.000): https://de.statista.com/statistik/daten/studie/232/umfrage/anzahl-der-schwangerschaftsabbrueche-in-deutschland/

    Dunkelziffer, Anzahl Sucht- und/oder psychisch Kranke, (Zwangs-) Prostituierte, Vergewaltigte... schwierig zu erfassen in belastbaren Zahlen.

     

    (b) Moral:

    "Der Beginn des Menschseins ist Gegenstand von Diskussionen in der Medizinethik als Teilgebiet der Philosophie, der Rechtswissenschaft sowie der Religionslehren." https://de.wikipedia.org/wiki/Beginn_des_Menschseins

    Da kann die gläubige (rate ich mal) Frau nicht nur rauskopieren, was ins eigene Weltbild paßt und (a) und (b) durcheinanderwirbeln, das ist unredlich und moralisch verwerflicher als obiger Zynismus meinerseits!

  • Egentlich kommt es ja ein wenig darauf an, ob die SPD jetzt in eine Koalition mit der CDU geht oder nicht. Im ersten Fall muss sie wohl die Füße still halten, im zweiten Fall sollte man versuchen mit FDP, Grünen und Linkspartei einen gemeinsamen Entwurf zur Novelle oder Streichung des 219a in eine Abstimmung ohne Fraktionszwang zu bringen.

     

    Ich persönlich sehen aber nicht den zwingenden Handlungsbedarf. Nach einer Beratung sind einem ja Listen von Praxen die einen Abbruch vornehmen regulär zugänglich, habe ich zumindest an anderer Stelle einem Leserkommentar entnommen.

    • @Waage69:

      Jo, die Liste ist von dem, der reihenweise die Ärzte verklagt, Namen nenne ich nicht, ich will ja nicht auch noch Werbung machen für den äh "Lebensschützer"!

      • @Hugo:

        Die Anführungsstriche und Ihre Polemik sind nicht angebracht, denn wenn wir, wie das leider häufig geschieht, das Thema auf den Körper der Frau reduzieren und uns hinter juristischen Konstrukten verschanzen, verlieren wir den Blick für das Wesentliche: dass eine Abtreibung immer die Tötung bestehenden Lebens bedeutet, das, biologisch betrachtet, nun einmal mit der Befruchtung der Eizelle und nicht erst mit der Geburt beginnt. Aber die Menschen argumentieren gerne mit solchen Formalien, weil sie sich nicht berühren lassen wollen. Moralisch Relevantes wird nur allzu gern möglichst weit weggeschoben. Da kann es nicht so gut seine Wirkung entfalten.

        • @Christina de Havilland :

          Biologisch betrachtet ist es grober Unfug zu behaupten, das Leben beginnt mit der Befruchtung der Eizelle. Es mag ein nettes Ereignis im Fortpflanzungszyklus des Menschen sein, aber auch nicht mehr und nicht weniger. Eine Keimzelle ist nun mal auch Leben, wenn auch in einer latenten Form. Mir wir sich nie erschließen, warum es moralisch ok ist eine unbefruchtete Eizelle abzutöten, sie aber in der Millisekunde nach der Befruchtung einen besonderen Schutzstatus verdient hat. Die "Moral" setzt nun mal da an, ab welcher Entwicklungsstufe wir uns mit dem werdenden Organismus identifizieren. Ich habe zum Beispiel nicht das geringste moralische Problem damit eine Blastocyste abzutöten, egal ob es Leben ist oder nicht. Aber sehr wohl habe ich Probleme damit, wenn jemand einen Fötus in der 30. Schwangerschaftswoche tötet. Und um das wird sich die ganze Diskussion auch immer wieder drehen. Nur mit Biologie hat das überhaupt nix zu tun.

          • @Nimmermehr:

            "Der Beginn des individuellen menschlichen Lebens wird nahezu übereinstimmend mit der Befruchtung der Eizelle und der damit verbundenen Bildung eines neuen menschlichen Lebewesens mit eigener genetischer Identität, die sich von jener der Mutter und des Vaters unterscheidet, gesehen."

            (https://de.wikipedia.org/wiki/Beginn_des_Menschseins)

             

            Wenn Sie hierin keinen Unterschied zu einer "einfachen" Keimzelle erkennen können, belegen Sie damit lediglich - noch dazu in äußerst eindrucksvoller Weise - meine obigen Worte. Dies gilt ebenso für Ihre nachfolgenden Ausführungen.

      • @Hugo:

        *oops* Hab das mit der Beratung überlesen nach dem Satz der Nichtnotwendigkeit.

        Mensch kann es aber nicht oft genug erwähnen, daß die Abtreibende eine Verbrecherin ist und ihr nur Straffreiheit gewährt wird und die Ärzte durch bloße Information auch. Normalerweise müßte der 218 umgeschrieben werden, nämlich so ähnlich wie das in der ehemaligen DDR geregelt war, dann ist 219 wohl gegenstandslos und obig erwähnter Justizbeamtenbeschäftiger muß sich ne andere Freizeitbeschäftigung suchen!